Recht der Kunst - BRD

Die Auserwählten ist ein deutscher Fernsehfilm von Christoph Röhl aus dem Jahr 2014. Das Filmdrama  und erstmals am 1. Oktober 2014 im Ersten ausgestrahlt. Der Film schildert das Martyrium der Schüler, die unter dem sexuellen Missbrauch ihrer Lehrer an der Odenwaldschule zu leiden haben und erst Jahre später in der Öffentlichkeit Gehör finden. Der Kläger ist Missbrauchsopfer und nimmt die Beklagten WDR und ndF auf Unterlassung der weiteren Verbreitung von Szenen aus dem Film Die Auserwählten  in Anspruch. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger durch die zentrale Filmfigur Frank Hoffmann, als Teenager gespielt von Leon Seidel, porträtiert wird und ob dies für den Zuschauer erkennbar ist.

Im Jahre 2010 malte die Künstlerin J**** W**** ein Bild der damals noch minderjährigen Klägerin, welches diese mit kurzen Haaren und einem Verband um den Arm zeigt. Die Künstlerin nannte das Bild Rapunzel 4. Die Eltern und die Klägerin hatten der Anfertigung des Porträts zugestimmt. Drei Jahre später wurde das Bild in einer Kunstausstellung mit dem Titel Märchenbilder  gezeigt. In der Folge erschien ein journalistischer Artikel, in dem auch das streitgegenständliche Bild gezeigt wurde. Der Verfasser führte unter anderem aus, Gegenstand der Ausstellung seien 16 Gemälde der Künstlerin W., die den Themen Missbrauch und Gewalt an Kindern gewidmet sind.  Etwa neun Monate später erklärten die Eltern der Klägerin der Künstlerin, für die Zukunft jegliche Einwilligung, das Portrait ihrer minderjährigen Tochter, als ‚Rapunzel‘ benannt, öffentlich auszustellen zu verweigern. Die Untergerichte haben ein Bilderverbot ausgesprochen. Lesen Sie, wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat.

Unlike U – Trainwriting in Berlin ist ein Dokumentarfilm aus dem Jahr 2011, der sich mit der Berliner Graffiti- bzw. Streetart-Kultur beschäftigt. Zu Anfang wird ein Disclaimer eingeblendet, der darüber informiert, dass sich die Produzenten vom Gezeigten distanzieren. Der Film zeigt unter anderem Interviews mit den Sprayern und von diesen selbst aufgenommene Videos, die sie beim Besprühen von Zügen und anderen Objekten darstellen. Das Landgericht Berlin einer Unterlassungsklage der Berliner Verkehrsbetriebe statt und untersagte die weitere Verbreitung des Films. Die zum Teil im Film ungenehmigt gezeigten Gebäude stellten eine Eigentumsverletzung dar. Das Berliner Kammergericht hob das Urteil des Landgerichts auf und begründete dies mit der den Filmemachern zustehenden künstlerischen Freiheit, da der Film die Straftaten nicht forciere, sondern lediglich abbilde und erkläre.

Contergan ist ein Fernseh-Zweiteiler des WDR aus dem Jahr 2007, in dem der Contergan-Skandal fiktional aufgearbeitet wird. Die Ausstrahlung des Films war zunächst für den Herbst 2006 aus Anlass der 50jährigen Wiederkehr der Erprobung des Medikaments im Jahre 1956 vorgesehen. Die Ausstrahlung wurde jedoch vom Unternehmen Grünenthal  in Stolberg (Rheinland), welches das Schlafmittel seinerzeit vertrieben hatte, sowie einem Rechtsanwalt, der sich im Film wiedererkennbar dargestellt sah, per einstweiliger Verfügung des Landgerichtes Hamburg verhindert. Grünenthal  kritisierte, dass das Thema für einen Unterhaltungsfilm nicht geeignet sei und dass die Ereignisse in verschiedenen Schlüsselszenen entstellend dargestellt würden. In einem Beschluss vom 29. August 2007 wies das Bundesverfassungsgericht den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung gegen den Film zurück.

Esra ist ein autobiografischer Liebesroman des deutschen Schriftstellers Maxim Biller. Das 2003 bei Kiepenheuer & Witsch  erschienene Werk, das intime Details der unglücklichen Liebe des Autors zu einer in Deutschland lebenden Türkin enthält, war Ausgangspunkt einer juristischen Auseinandersetzung. Die Veröffentlichung des Werkes wurde 2003 kurz nach dem Erscheinen untersagt, da das Landgericht München I die Persönlichkeitsrechte des Vorbilds für Esra, einer in Deutschland lebenden Schauspielerin, und deren ebenfalls in der Öffentlichkeit stehenden Mutter (Vorbild für Lale), verletzt sah. War bei der von den Untergerichten vorgenommenen Abwägung der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der beiden Klägerinnen überdehnt und dadurch der Schutzbereich der Kunstfreiheit der Beschwerdeführerin unzulässig eingeengt worden oder nicht oder ergibt sich für Esra und Lale ein unterschiedlicher Maßstab und wenn ja, mit welchen Folgen ? 

Der Verhüllte Reichstag (englischer Originaltitel: Wrapped Reichstag) war ein Kunstprojekt des Künstlerehepaars Christo und Jeanne-Claude. Im Rahmen des Projektes, dessen Realisierung von 1971 bis 1995 dauerte, wurde das Reichstagsgebäude in Berlin vom 24. Juni bis zum 7. Juli 1995 vollständig mit aluminiumbedampftem Polypropylengewebe verhüllt. Nach Ablauf des Projekts entbrannte ein Rechtsstreit zwischen dem Künstlerpaar und einem Berliner Postkartenverlag, der Postkarten mit Motiven des verhüllten Reichstags ohne Zustimmung der Künstler vertrieb. Der Verlag berief sich auf die sogenannte „Panoramafreiheit“ (§ 59 des deutschen Urheberrechtsgesetzes), wonach Aufnahmen von Werken, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, auch ohne Zustimmung des Urhebers hergestellt und verbreitet werden dürfen.

Slime ist eine deutsche Punk-Band aus Hamburg. 1979 gegründet, wurde sie zu einer der stilprägenden Bands der 1980er Jahre. Ihr Lied Deutschland mit seiner Zeile Deutschland muss sterben, damit wir leben können ist eine Umkehrung der Losung Deutschland muss leben, und wenn wir sterben müssen auf dem 1936 errichteten Hamburger Kriegerdenkmal am Dammtorbahnhof und sorgte für heftige Kontroversen. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist es jedoch erlaubt, das Lied öffentlich abzuspielen oder zu zitieren. In seiner Urteilsbegründung bezog es sich auf die im künstlerischen Anspruch metaphorische Ähnlichkeit mit Heinrich Heines Gedicht Die schlesischen Weber ...

Nach der Mephisto-Entscheidung 1971 ein neuerliches Buchverbot, diesmal durch das vom Oberlandesgericht (OLG) München ausgesprochene Verbot der Buchausgabe des Stückes GERMANIA 3 Gespenster am toten Mann von Heiner Müller. In der Szene Maßnahme 1956 (im Umfang von 18 Seiten)werden Passagen (im Umfang von je zwei Seiten) aus den Theaterstücken Das Leben des Galilei und Coriolan von Bertolt Brecht zitiert. Auf eine Klage von dessen Erben hatte das OLG 1998 die Verbreitung der Buchausgabe verboten, solange sie diese Passagen enthalte. Die Erben hatten die Erlaubnis zur wörtlichen Textwiedergabe nicht erteilt.Auf die Verfassungsbeschwerde des Verlegers von Heiner Müllers  Werken hat der Bundesverfassungsgerichtshof diese Entscheidung aufgehoben, weil das OLG München Bedeutung und Tragweite der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) grundlegend verkannt hat …

Josefine Mutzenbacher oder Die Geschichte einer Wienerischen Dirne von ihr selbst erzählt ist ein 1906 im Privatdruck in Wien erschienener Roman, der in den 1960er Jahren von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften in den Ausgaben zweier kleiner Verlage in die Liste der jugendgefährdenden Schriften aufgenommen worden war, nachdem zwei Strafgerichte ihn wegen seines pornografischen Inhalts für unzüchtig erklärt hatten. Ende 1978 nahm der Rowohlt Verlag  das Werk in sein Programm auf und beantragte im Januar 1979 bei der Bundesprüfstelle die Streichung der indizierten Fassungen aus der Liste der jugendgefährdenden Schriften mit der Begründung, der Roman sei nach heutiger Auffassung ein Kunstwerk. Fragen, ob der Roman möglicherweise zugleich als Pornographie anzusehen ist, ob ihm das die Kunsteigenschaft nimmt und ob sich Kunst und Pornographie einander ausschließen, wurden vom Bundesverfassungsgerichtshof unter dem Blickwinkel der Kunstfreiheit beantwortet. Wie und warum es dennoch bis 2017 dauerte, bis die Indizierung aufgehoben wurde, erfahren Sie hier …

Franz Josef Strauß nimmt abermals (nach dem Anachronistischen Zug) das in Art 2 (1) iVm Art 1 (1) GG geschützte Persönlichkeitsrecht in Anspruch, diesmal wegen einer Karikatur, die ihn als kopulierendes Schwein darstellt. Während des Verfahrens legte der Karikaturist zwei weitere Zeichnungen von Schweinegestalten mit Gesichtszügen des Bayerischen Ministerpräsidenten nach. Wegen dieser Beleidigung(en) wurde H*** zu einer Geldstrafe verurteilt. Verletzte H***s Karikatur die Würde des Menschen und war sie nicht durch die Kunstfreiheit gedeckt oder hielten sich die Zeichnungen in dem der Satire gestatteten Freiraum ? Welche Antworten der Bundesverfassungsgerichtshof gab, können Sie hier erfahren.

Franz Josef Strauß betritt die Bühne. In diesem Fall im September 1980 in Sonthofen und in Kassel im sogenannten Plagenwagen am Ende des Anachronistischen Zuges, einem politischen Straßentheater bestehend aus Fahrzeugen und Fußgängern mit gespielten Szenen und gesprochenen Gedichten. In Sonthofen und in Kassel wurde das Verdeck des letzten Wagens abgenommen, sodass sechs Puppen sichtbar wurden. Der Darsteller trug dabei die Strauß-Maske. Auf Aufforderung von Pressevertretern und Polizeibeamten stellte er sich mehrmals mit dem Gesicht zu den Puppen und hielt ein Schild mit der Aufschrift Hitler muss einmal tot sein  hoch. Wegen dieser Sachverhalte stellte Franz Josef Strauß  gegen den Darsteller und die Veranstalter des Zugs Strafantrag wegen Beleidigung und schloss sich dem Strafverfahren als Nebenkläger an. Amtsgericht und Bayrisches Oberstes Landesgericht gaben FJS  recht. Ob auch das Bundesverfassungsgericht die Verurteilung des Darstellers angesichts der Kunstfreiheit aufrechterhielt, erfahren Sie hier …

Eine der ersten und wichtigsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes zur Kunstfreiheitsbestimmung des Artikel 5 Abs 3 Satz 1 des Grundgesetzes. 35 Jahre nach dem erstmaligen Erscheinen im Exilverlag stellte sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen Kunstfreiheit und den Grundrechten Dritter. War Klaus Mann’s Roman Mephisto ein Schlüsselroman und der postmortale Persönlichkeitsschutz des Gustav Gründgens in der zentralen Rolle der Romanfigur des Hendrik Höfgen höher als die Kunstfreiheit ? Und wie lange gilt ein Romanverbot, wenn ein solches überhaupt ausgesprochen wurde ? Lesen Sie dazu mehr …