I Kunstwerk: Oh, Pretty Woman von Roy Orbison
Roy Kelton Orbison (* 23. April 1936 in Vernon, Texas; † 6. Dezember 1988 in Hendersonville, Tennessee) war ein US-amerikanischer Pop-, Country- und Rock-Sänger sowie Songwriter. In den 1960er Jahren konnte er mit Songs wie Oh, Pretty Woman, Only the Lonely, Crying und In Dreams zahlreiche Hits verbuchen (siehe Wikipedia).
Oh, Pretty Woman (ursprünglich veröffentlicht als Pretty Woman) ist der Titel eines seiner weltweit erfolgreichsten Hits des Jahres 1964, der in vielen Ländern den ersten Rang der Hitparade einnahm (siehe Wikipedia-Eintrag, in dem auch der Plagiatsprozess mit 2 Live Crew erwähnt ist).
Der Text lautet wie folgt (Quelle:U.S. Reports, The Opinions of the Supreme Court of the United States, Volume 510 (1993 Term), Seiten 569ff, Appendix A to Opinion of the Court, Seite 594f):
- Pretty Woman, walking down the street, Pretty Woman, the kind I like to meet, Pretty Woman, I don't believe you, you're not the truth, No one could look as good as you Mercy
- Pretty Woman, won't you pardon me, Pretty Woman, I couldn't help but see, Pretty Woman, that you look lovely as can be Are you lonely just like me?
- Pretty Woman, stop a while, Pretty Woman, talk a while, Pretty Woman give your smile to me Pretty woman, yeah, yeah, yeah Pretty Woman, look my way, Pretty Woman, say you'll stay with me Cause I need you, I'll treat you right Come to me baby, Be mine tonight
- Pretty Woman, don't walk on by, Pretty Woman, don't make me cry, Pretty Woman, don't walk away, Hey, O.K. If that's the way it must be, O.K. I guess I'll go on home, it's late There'll be tomorrow night, but wait!
- What do I see Is she walking back to me? Yeah, she's walking back to me! Oh, Pretty Woman.
II Kunstwerk: Pretty Woman von 2 Live Crew
2 Live Crew war eine US-amerikanische Hip-Hop-Gruppe und einer der bekanntesten Vertreter des Miami Bass. Vor allem wegen des eindeutig sexuellen Charakters der meisten Liedtexte galt sie als eine der umstrittensten Rap-Gruppen der USA. Mit ihrem dritten Album As Nasty As They Wanna Be (erschienen 1989) erreichten 2 Live Crew ihren größten Erfolg (siehe Wikipedia deutschsprachig). Auf diesem Album ist der Titel Pretty Woman veröffentlicht. Im englischsprachigen Wikipedia ist der Rechtsstreit Campbell v Acuff Rose Inc. eingetragen.
Der Text lautet wie folgt (Quelle:U.S. Reports, The Opinions of the Supreme Court of the United States, Volume 510 (1993 Term), Seiten 569ff, Appendix B to Opinion of the Court, Seite 595f):
- Pretty woman walkin' down the street Pretty woman girl you look so sweet Pretty woman you bring me down to that knee Pretty woman you make me wanna beg please Oh, pretty woman
- Big hairy woman you need to shave that stuff Big hairy woman you know I bet it's tough Big hairy woman all that hair it ain't legit Cause you look like "Cousin It" Big hairy woman
- Bald headed woman girl your hair won't grow Bald headed woman you got a teeny weeny afro Bald headed woman you know your hair could look nice Bald headed woman first you got to roll it with rice Bald headed woman here, let me get this hunk of biz for ya Ya know what I'm saying you look better than rice a roni Oh bald headed woman
- Big hairy woman come on in And don't forget your bald headed friend Hey pretty woman let the boys Jump in
- Two timin' woman girl you know you ain't right Two timin' woman you's out with my boy last night Two timin' woman that takes a load off my mind Two timin' woman now I know the baby ain't mine Oh, two timin' woman Oh pretty woman
III Schlagworte
Privatrecht - Urheberrecht - Musik - Fair Use - Parodie
IV Parteien
Luther R. Campbell a.k.a. Luke Skyywalker, et al., Petitioners v. Acuff-Rose Music, Incorporated
V Sachverhalt
Übersetzung aus den Seiten 572f des Bandes Volume 510 der U.S.Reports (von Justice Souter formulierte Meinung des Gerichts):
1964 schrieben Roy Orbison und William Dees eine Rockballade mit dem Titel Oh, Pretty Woman und übertrugen ihre Rechte daran an Acuff-Rose Music, Inc.Acuff-Rose registrierte den Song zum Urheberrechtsschutz.
Die Antragsteller Luther R. Campbell, Christopher Wongwon, Mark Ross und David Hobbs sind gemeinsam bekannt als 2 Live Crew, eine populäre Rap-Musik-Gruppe. 1989 schrieb Campbell einen Song mit dem Titel Pretty Woman, den er später in einer eidesstattlichen Erklärung so beschrieb, dass er beabsichtigt habe, durch komische Texte das Originalwerk zu persiflieren. . .. Am 5. Juli 1989 teilte der Manager von 2 Live Crew Acuff-Rose mit, dass 2 Live Crew eine Parodie auf Oh, Pretty Woman geschrieben habe, dass sie gegenüber Acuff-Rose, Dees und Orbison die Urheberschaft des Originalsongs anerkennen würden und dass sie bereit seien, eine Gebühr für die Verwendung zu zahlen, die sie daraus machen wollten. Dem Brief beigefügt waren eine Kopie des Textes und eine Aufnahme des Songs von 2 Live Crew. Der Agent von Acuff-Rose verweigerte die Erlaubnis und erklärte: Ich bin mir des Erfolgs von 'The 2 Live Crews' bewusst, aber ich muss Sie informieren, dass wir die Verwendung einer Parodie von Oh, Pretty Woman nicht zulassen können. Nichtsdestotrotz veröffentlichten 2 Live Crew im Juni oder Juli 1989 Schallplatten, Kassetten und CDs von Pretty Woman in einer Sammlung von Songs mit dem Titel As Clean As They Want to Be. Die Alben und Compact Discs führen die Autoren von Pretty Woman als Orbison und Dees und seinen Herausgeber als Acuff-Rose an. Fast ein Jahr später, nachdem fast eine Viertelmillion Kopien der Aufnahme verkauft worden waren, verklagte Acuff-Rose 2 Live Crew und seine Plattenfirma Luke Skyywalker Records wegen Urheberrechtsverletzung.
VI Gang des Verfahrens
Übersetzung aus den Seiten 573f des Bandes Volume 510 der U.S.Reports (von Justice Souter formulierte Meinung des Gerichts):
Das Bezirksgericht erließ ein Urteil zugunsten von 2 Live Crew mit der Begründung,
- dass der kommerzielle Zweck des Songs von 2 Live Crew kein Hindernis für die angemessene Nutzung (Fair Use) sei;
- dass die Version von 2 Live Crew eine Parodie war, die schnell zu einem Wortspiel verkommt, das voraussagbare Texte durch schockierende ersetzt, um zu zeigen, wie langweilig und banal der Orbison-Song ist;
- dass 2 Live Crew nicht mehr genommen hatte, als nötig war, aus dem Original hervorzuholen, um es zu parodieren; und
- dass es extrem unwahrscheinlich ist, dass der Song von 2 Live Crew den Markt für das Original negativ beeinflussen könnte.
Das Bezirksgericht wägte diese Faktoren ab und entschied, dass der Song von 2 Live Crew Orbisons Original fair nutzte.
Das Berufungsgericht für den sechsten Bezirk hob das Urteil auf. Obwohl es davon ausging, dass der Song von 2 Live Crew eine Parodie auf das Orbison-Original war, war das Berufungsgericht der Ansicht, dass das Bezirksgericht zu wenig Wert auf die Tatsache gelegt hatte, dass jede kommerzielle Nutzung . . vermutlich . . . unfair ist, Sony Corp. of America v. Universal City Studios, Inc., 464 U.S. 417, 451 (1984), und befand,
- dass der zugegebenermaßen kommerzielle Charakter der Parodie die Schlussfolgerung erfordert, dass der erste von vier nach dem Gesetz relevanten Faktoren gegen eine Feststellung der angemessenen Nutzung (Fair Use) spricht.
Als nächstes stellte das Berufungsgericht fest,
- dass 2 Live Crew, indem es das Herz des Originals nahm und es zum Herzen eines neuen Werks machte, qualitativ zu viel verwendet hatte.
Nachdem das Berufungsgericht schließlich festgestellt hatte,
- dass die Auswirkung der Verwendung auf den Wert oder die Verwertung des geschützten Werks zweifellos das wichtigste Einzelelement der angemessenen Nutzung(Fair Use) ist, ...
bemängelte das Berufungsgericht, dass das Bezirksgericht nicht berücksichtigt habe,
- dass der Schaden für die Zwecke der Fair-Use-Analyse durch die Vermutung der gewerblichen Nutzung begründet wird. ...
Zusammenfassend kam das Gericht zu dem Schluss, dass ihr eklatant kommerzieller Zweck . . . verhindert, dass diese Parodie Fair Use ist.
VII Rechtliche Beurteilung des Höchstgerichtes
Erster Teil
Übersetzung aus den Seiten 574 bis 578 des Bandes Volume 510 der U.S.Reports (von Justice Souter formulierte Meinung des Gerichts):
Wir haben Revision zugelassen …, um festzustellen, ob die kommerzielle Parodie von 2 Live Crew eine angemessene Nutzung (Fair Use) sein könnte.
II
Es ist hier unbestritten, dass der Song von 2 Live Crew eine Verletzung der Rechte von Acuff-Rose in Oh, Pretty Woman nach dem Copyright Act von 1976, 17 U.S.C. 106 … darstellen würde, außer es liegt angemessene Nutzung (Fair Use) durch Parodie vor. Seit den Anfängen des Urheberrechtsschutzes wurde eine Möglichkeit zur angemessene Nutzung (Fair Use) von urheberrechtlich geschütztem Material als notwendig erachtet, um den eigentlichen Zweck des Urheberrechts zu erfüllen, nämlich den Fortschritt der Wissenschaft und der ... Künste zu fördern …. U.S. Const., Art. I, 8, Cl. 8. Denn wie Justice Story erklärte: In Wahrheit gibt es und kann es – wenn überhaupt - in der Literatur, in der Wissenschaft und in der Kunst nur wenige Dinge geben, die in einem abstrakten Sinne grundsätzlich neu und vollkommen originell sind. Jedes Buch in der Literatur, der Wissenschaft und der Kunst entlehnt und muss notwendigerweise vieles entlehnen und verwenden, was zuvor bekannt war und verwendet wurde. ...In ähnlicher Weise drückte Lord Ellenborough die inhärente Spannung in der Notwendigkeit aus, gleichzeitig urheberrechtlich geschütztes Material zu schützen und anderen zu erlauben, darauf aufzubauen, als er schrieb: Während ich mich verpflichtet fühle, für jedermann die Ausübung seines Urheberrechts sicherzustellen, darf man der Wissenschaft keine Fesseln anlegen. In Urheberrechtsfällen, die nach dem Statute of Anne von 1710 anhängig gemacht wurden, entschieden 6 englische Gerichte, dass in einigen Fällen faire Einschränkungen die Rechte eines Urhebers nicht verletzen würden, … und obwohl der First Congress unser ursprüngliches Urheberrechtsgesetz, Act of May 31, 1790, 1 Stat. 124, ohne ausdrücklichen Hinweis auf Fair Use, wie er später bekannt wurde, verabschiedete, wurde die Doktrin dennoch von den amerikanischen Gerichten anerkannt.
In Folsom v. Marsh fasste Justice Story Recht und Methodik aus den früheren Fällen zusammen: Schauen Sie sich die Art und den Zweck der getroffenen Auswahl, den Umfang und die Bedeutung des verwendeten Materials und das Ausmaß an, in dem die Verwendung den Verkauf beeinträchtigen oder den Gewinn verringern oder das Originalwerk ersetzen kann… Somit blieb Fair Use eine ausschließlich von Richtern entwickelte Doktrin bis zur Verabschiedung des Urheberrechtsgesetzes von 1976, in dem die Zusammenfassung von Story erkennbar ist.
(§) 107 (des Copyright Act von 1976) Einschränkungen der ausschließlichen Rechte: Fair use: Ungeachtet der Bestimmungen der Abschnitte 106 und 106A ist die angemessene Nutzung (Fair use) eines urheberrechtlich geschützten Werks, einschließlich einer solchen Nutzung durch Vervielfältigung auf Kopien oder Phonorecords (= Schallplatten, Tonbänder, Tonbandkasetten, CD’s, Audio DVD’s, gespeicherte MP3-Files, Anmerkung des Verfassers) oder durch andere in diesem Abschnitt festgelegte Mittel, für Zwecke wie Kritik, Stellungnahme, Berichterstattung, Unterricht (einschließlich mehrerer Kopien für den Unterricht), Wissenschaft oder Forschung keine Verletzung des Urheberrechts. Bei der Feststellung, ob es sich bei der Nutzung eines Werks in einem bestimmten Fall um eine angemessene Nutzung (Fair Use) handelt, sind folgende Faktoren zu berücksichtigen:
- (1) Zweck und Charakter der Nutzung, einschließlich der Frage, ob diese Nutzung kommerzieller Natur ist oder gemeinnützigen Bildungszwecken dien
- (2) die Art des urheberrechtlich geschützten Werks;
- (3) der Umfang und die Bedeutung des verwendeten Auszuges im Verhältnis zum geschützten Werk als Ganzes; und
- (4) die Auswirkungen der Verwendung auf den Wert oder die Verwertung des geschützten Werks.
... Der Kongress beabsichtigte in (§) 107 (des Copyright Act von 1976) die Rechtsdoktrin der angemessenen Nutzung (Fair Use) neu zu formulieren, sie nicht zu ändern, einzuschränken oder in irgendeiner Weise zu erweitern und wollte, dass die Gerichte die Common-Law-Tradition der Fair-Use-Rechtsprechung fortsetzen. … Die Fair-Use-Doktrin erlaubt (und verlangt) von den Gerichten, eine starre Anwendung des Urheberrechtsgesetzes zu vermeiden, wenn sie die Kreativität ersticken würde, die dieses Gesetz fördern soll …
Die Aufgabe soll nicht durch starre Regeln vereinfacht werden, denn das Statut verlangt wie die Doktrin, die es anerkennt, eine Einzelfallanalyse. … Der Text verwendet die Begriffe einschließlich und wie in der Präambel, um auf die illustrative und nicht einschränkende Funktion der angegebenen Beispiele hinzuweisen, die daher nur allgemeine Hinweise zu den Arten des Kopierens geben, die die Gerichte und der Kongress am häufigsten als angemessene Nutzung (Fair Use) angesehen hatten. Die vier gesetzlichen Faktoren dürfen auch nicht isoliert voneinander behandelt werden. Alle sind zu erforschen und die Ergebnisse unter Berücksichtigung der Zwecke des Urheberrechts abzuwägen. …
Auf den Seiten 578 bis 594 erfolgen sodann unter A bis D und III detaillierte Ausführungen zur Anwendung der vier Faktoren des (§) 107 (des Copyright Act von 1976) auf den Gegenstandsfall und darüber, weswegen das Berufungsgericht irrte und dessen Entscheidung aufzuheben war. Sie können dort im Original nachgelesen werden. Diese Ausführungen sind im Band 510 zu Beginn des Entscheidungstextes auf den Seiten 569ff unter a bis f zusammengefasst wie folgt:
Zweiter Teil
Übersetzung der Zusammenfassung auf den Seiten 569 bis 571 des Bandes Volume 510 der U.S.Reports:
Die kommerzielle Parodie von 2 Live Crew kann angemessene Nutzung (Fair Use) im Sinne von 107 sein.
(a) § 107, der besagt, dass die angemessene Nutzung (Fair Use) eines geschützten Werks … für Zwecke wie Kritik (oder) Stellungnahme keine Verletzung ist …, setzt die Common-Law-Tradition der Fair-Use-Rechtsprechung fort und erfordert eine Einzelfallanalyse. Die gesetzlichen Beispiele zulässiger Nutzungen geben nur allgemeine Hinweise. Die vier gesetzlichen Faktoren sollen im Lichte des Zwecks des Urheberrechts, der Förderung von Wissenschaft und Kunst, untersucht und abgewogen werden.
(b) Parodie kann, wie andere Stellungnahmen und Kritiken, Fair Use beanspruchen. Unter dem ersten der vier 107 Faktoren, dem Zweck und dem Charakter der Nutzung, einschließlich der Frage, ob diese Nutzung kommerzieller Natur ist …, konzentriert sich die Untersuchung darauf, ob das neue Werk lediglich das ursprüngliche Werk ersetzt, oder ob und inwieweit es transformativ ist und das Original mit neuem Ausdruck, Bedeutung, oder Nachricht versieht und umändert. Je transformativer die neue Arbeit ist, desto geringer wird die Bedeutung anderer Faktoren wie der Kommerzialisierung sein, die in der Abwägung gegen eine angemessene Nutzung (Fair Use) spricht.Der Kern der Behauptung eines jeden Parodisten, aus vorhandenem Material zu zitieren, ist die Verwendung einiger Elemente der Komposition eines früheren Autors, um eine neue zu schaffen, die zumindest teilweise die Arbeit dieses Autors kommentiert. Aber das sagt den Gerichten wenig darüber, wo die die Grenze zu ziehen ist. So muss sich die Parodie, wie andere Verwendungen auch, durch die relevanten Faktoren arbeiten.
(c) Das Berufungsgericht ging zu Recht davon aus, dass der Song von 2 Live Crew eine Parodie enthält, die das Originalwerk kommentiert und kritisiert, hat sich aber geirrt, indem es dem kommerziellen Charakter dieser Parodie durch eine Vermutung, die angeblich aus Sony Corp. of America v. Universal City Studios, Inc., 464 U.S. 417, 451 stammt, praktisch entscheidendes Gewicht verlieh, nämlich dass jede kommerzielle Nutzung von urheberrechtlich geschütztem Material vermutlich … unfair sei. Das Gesetz stellt klar, dass der kommerzielle Charakter eines Werks nur ein Element der Untersuchung des ersten Faktors über seinen Zweck und Charakter ist, und Sony selbst keine schwer zu widerlegende Vermutung (no hard evidentiary presumption) verlangte. Die Entscheidung des Berufungsgerichts läuft Sony und der langen Common-Law-Tradition der Fair-Use-Rechtsprechung zuwider.
(d) Der zweite 107-Faktor, die Natur des urheberrechtlich geschützten Werks, ist keine große Hilfe bei der Lösung dieses und anderer Parodiefälle, da Parodien fast immer öffentlich bekannte, ausdrucksstarke Werke wie das Orbison-Lied hier kopieren.
(e) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht entschieden, dass 2 Live Crew unter dem dritten 107-Faktor, der fragt, ob der Umfang und die Bedeutung des verwendeten Auszuges im Verhältnis zum geschützten Werk als Ganzes im Verhältnis zum Zweck der Vervielfältigung angemessen sind. Auch wenn man sagen kann, dass 2 Live Crews Kopie der ersten Textzeile des Originals und des charakteristischen eröffnenden Bassriffs zum Herzen des Originals geht, ist es dieses Herz, das den Song am ehesten für die Parodie ins Gedächtnis ruft, und es ist das Herz, auf das die Parodie abzielt. Darüber hinaus wich 2 Live Crew danach deutlich von den Orbison-Texten ab und produzierte ansonsten unverwechselbare Musik. Was den Text betrifft, so war das Kopieren im Verhältnis zum parodistischen Zweck des Liedes nicht übertrieben. Was die Musik betrifft, so äußert sich das Gericht nicht dazu, ob die Wiederholung des Bassriffs ein übermäßiges Kopieren ist, sondern hebt die Entscheidung auf, um eine Bewertung des entnommenen Betrags im Lichte des parodistischen Zwecks und Charakters des Songs, seiner transformativen Elemente und Überlegungen zum Potenzial für eine Austausch am Markt zu ermöglichen.
(f) Das Berufungsgericht hat bei der Entscheidung des vierten 107-Faktors, die Auswirkungen der Verwendung auf den Wert oder die Verwertung des geschützten Werks, einen Fehler begangen, indem es im Vertrauen auf Sony, aaO., … die Wahrscheinlichkeit eines erheblichen Schadens auf der Grundlage der Nutzung von 2 Live Crew für kommerzielle Zwecke angenommen hat. Keine Vermutung oder Deduktion eines Schadens, die durch den Sony-Fall Unterstützung finden könnte, ist auf einen Fall anwendbar, der über die bloße Duplizierung für kommerzielle Zwecke hinausgeht. Der erkennbare Schaden ist die Marktsubstitution, nicht irgendein Schaden durch Kritik. Was die Parodie schlicht und einfach betrifft, so ist es unwahrscheinlich, dass das Werk als Ersatz für das Original fungieren wird, da die beiden Werke in der Regel unterschiedliche Marktfunktionen erfüllen.
Der vierte Faktor verlangt von den Gerichten, auch den potenziellen Markt für bearbeitete Werke zu berücksichtigen. … Wenn das spätere Werk erkennbare Substitutionseffekte auf schutzfähigen Märkten für bearbeitete Werke hat, wird das Gesetz über die Kritik hinaus auf die anderen Elemente des Werks schauen. Der Song von 2 Live Crew beinhaltet nicht nur Parodie, sondern auch Rap-Musik. Das Fehlen von Beweisen oder eidesstattlichen Erklärungen betreffend die Auswirkungen des Songs von 2 Live Crew auf den Markt für eine nicht-parodierte Rap-Version von Oh, Pretty Woman berechtigte nicht zu einem summarischen Urteil gegen 2 Live Crew, die die Einrede des Fair Use erhoben hat.
VIII Hinweise und Kommentar
Hinweise
Fair Use ist im englischsprachigen Wikipedia ausführlich und im deutschsprachigen Wikipedia kurz beschrieben. Die zehn angeführten Beispiele im englischsprachigen Wikipedia zeigen bereits die Bandbreite der Anwendungsfelder des Fair Use Grundsatzes auf. Noch umfangreicher zeigt sich die Zusammenstellung von Fair Use Entscheidungen US-amerikanischer Gerichte auf der Website des Stanford Copyright and Fair Use Centers mit der Aufschlüsselung von Fällen betreffend Text, Bebilderungen, bildende Kunst und audiovisuelle Fälle sowie weitere Fälle betreffend Internet, Musik und Parodie. Dadurch wird die Flexibilität und Offenheit der Nutzerrechte im US-amerikanischen Urheberrecht sichtbar.
Kommentar der Lehre
Frank Houston untersucht in The Transformation Test: Artistic Expression, Fair Use, and the Derivative Right, 6 FIU L. Rev. 123 (2010), nachlesbar in der E-Collection der Florida International University College of Law (ua) die Fälle Campbell v Acuff Rose Music Inc (Pretty Woman) des Supreme Court und Sun Trust Bank v Houghton Mifflin Co(The Wind Done Gone) des Court of Appeal for the 11th Circuit an den Beispielen von Parodie und Kritik. Zum Fall Campbell v Acuff Rose Music Inc (Pretty Woman) wird betont, dass (Zitat):
erstmals entschieden wurde, dass eine Parodie als Fair Use angesehen werden kann, selbst wenn sie kommerziell ist.
IX Hinweise zu dieser Webseite
- Der Text der Entscheidung kann (bei Eingabe der Nummerierung) aus der Datenbank OpenJurist als Dokument in englischer Sprache abgerufen werden, da laut Nutzungsbedingungen alle Informationen auf deren Webseite als Service für die Internetgemeinschaft vorgesehen sind.
- Der Text der Entscheidung kann auch über die Website des Supreme Court selbst über die U.S.Reports erfolgen, wenn man nach Volume 510 sucht und dort die Seiten 569ff aufschlägt.
- Im Gegenstandsfall wird der englischsprachigen Fassung aus Bound Volume 510, Seiten 569ff der U:S. Reports gefolgt
- In den Abschnitten I bis VII ist (anstelle von Randnummern) auf die Seitenzahlen aus dem Bound Volume 510, Seiten 569ff der U:S. Reports hingewiesen.
- Die angeführten Zitate aus Wkipedia (zu Roy Orbison, Pretty Woman, 2 Live Crew, Campbell v Acuff Rose Music und Fair Use) und aus dem Essay von Houston (mit Quellenangaben) erfolgen im angeführten Umfang zur Erläuterung des Inhaltes der Webseite.
- Personenbezogene Daten, die über die Veröffentlichung der Entscheidung hinausgehen, ergeben sich aus dem Bekanntheitsgrad von Roy Orbison weltweit und 2 Live Crew vorwiegend in den USA.