Présumé coupable

Haftbefehl - Im Zweifel gegen den Angeklagten

Regie: Vincent Garanq 2011

I Film

Haftbefehl – Im Zweifel gegen den Angeklagten  ist ein belgisch-französischer Spielfilm von Vincent Garenq aus dem Jahr 2011. Er basiert lose auf Alain Marécaux’ Autobiografie Chronique de mon erreur judiciaire (Chronik meines Justizirrtums), die 2005 erschien. In ihr schildert der Autor die Vorgänge, die als Outreau-Affäre in die französische Justizgeschichte eingingen und in deren Verlauf sich Präsident Jacques Chirac  öffentlich bei den Opfern für das Versagen der französischen Justiz und das erlittene Unrecht entschuldigte

Der Film wurde nach einigen kleineren Aufführungen in Frankreich im September 2011 im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele von Venedig gezeigt und lief am 7. September 2011 auch in den französischen Kinos an. Hier wurde er von 406.436 Zuschauern gesehen. Im November 2013 erschien der Film in Deutschland auf DVD.

siehe zum Film Wikipedia (deutsch)  und  Wikipedia (französisch).

II Regie und Besetzung

Vincent Garenq est un réalisateur (Regisseur), scénariste (Drehbuchautor), dialoguiste (Dialogautor) et adaptateur (Bearbeiter) français.

Zur Biografie siehe l'ébauche (die Rohfassung/den Entwurf) in  Wikipedia (französisch)

Philiippe Torreton  spielt die Rolle des Alain Marécaux, Noémie Lvovskydie der Edith Marécaux,  Wladimir Yordanoff  jene des Anwalts Hubert Delarue und Raphael Ferret  jene des Richters Burgaud. 

Siehe zur Besetzung nochmals  Wikipedia (deutsch).

III Handlung

Zitat aus Wikipedia:

Alain Marécaux ist Gerichtsvollzieher und arbeitet zu viel, was gelegentlich zu Spannungen mit seiner Frau Edith führt. Sie haben drei Kinder: Tochter Cécilé, die Jüngste, Sébastien und den ältesten Sohn Thomas. Eines Nachts werden Marécaux und seine Frau von der Polizei geweckt. Beide werden wegen Vergewaltigung Minderjähriger festgenommen, ein Vorwurf, den Marécaux als absurd empfindet. Bei der ersten Befragung durch die Polizei soll er zugeben, homosexuell zu sein. Zudem wird ihm in Aussicht gestellt, mit einem Geständnis für die Freilassung seiner Frau sorgen zu können. Er beharrt auf seiner Unschuld. Nach ersten Nächten in Untersuchungshaft lernt er seinen Anwalt Hubert Delarue kennen. Er erfährt nach und nach die Zusammenhänge. Über ein Dutzend Personen sollen laut Aussage einer Mutter einem Pädophilenring angehören und die Kinder ebendieser Frau und einer Nachbarin vergewaltigt haben. Marécaux kennt die Frau nicht, glaubt aber, dass ihr Sohn mit seinem Sohn Sébastien in eine Klasse ging. Für Marécaux erschwerend kommt hinzu, dass auch der kaum schulpflichtige Sébastien ihn bei der Befragung des unsittlichen Berührens bezichtigt hat. Marécaux kann sich weder die Anklage noch die Aussage seines Sohne erklären. Obwohl keinerlei Beweise gefunden werden können, die die Aussage der Ankläger bestätigen würden, lässt der junge Richter Burgaud eine Verlängerung der Untersuchungshaft zu.

Im Gefängnis erhält Marécaux Besuch von seiner Schwester, die ihm mitteilt, dass seine Kinder in Pflegefamilien untergebracht wurden. Bei der ersten Befragung der Klägerinnen Myriam Badaoui und Aurélie Grenon verstricken sich diese in Widersprüche, was dem Richter erst auffällt, als ihn Marécauxs Anwalt darauf aufmerksam macht. Obwohl die Angaben der beiden Frauen zu Marécauxs Kleidung nicht verifiziert werden können, bleiben Marécaux und seine Frau in Haft. Sie haben sich jedoch bei der Hausbegehung kurz sehen können, was ihnen Kraft gibt.

Eines Tages erscheint während der Besuchszeit nicht seine Schwester im Gefängnis, sondern der Präsident der Kammer der Gerichtsvollzieher. Er hat alle Klienten Marécauxs benachrichtigt und auf die Unschuldsvermutung hingewiesen, rät Marécaux jedoch, seine Praxis zu schließen und seinen Rücktritt einzureichen. Marécaux willigt ein. Inzwischen sind einige Monate seit Beginn der Untersuchungshaft vergangen. Kurz nach Silvester erfährt Marécaux, dass seine Mutter verstorben ist. Sie hatte nach der Verhaftung Marécauxs das Reden und Essen eingestellt. Marécaux erfährt vom Tod kurz vor einer Befragung durch Richter Burgaud. Dieser ist zu keiner Empathie fähig, als er den gegen die Tränen ankämpfenden Marécaux – auch zu seiner Mutter – befragt. Wegen des emotionalen Stresses wird Marécaux in eine Psychiatrie verlegt und später in ein Gefängnis, wo er sich die Zelle nur noch mit einem weiteren Insassen teilen muss. Marécaux schluckt in seiner Verzweiflung eine Überdosis Medikamente, kann jedoch gerettet werden. Er erfährt, dass seine Frau auf Bewährung entlassen wurde. Er selbst muss weiterhin im Gefängnis bleiben. Sein ältester Sohn Thomas, der immer größere Probleme hat, mit den Geschehnissen umzugehen, geht freiwillig ins Heim.

Nach einem weiteren Selbstmordversuch, der Nachricht, dass Edith einen anderen Mann kennengelernt hat und sich von ihm trennen wird, sowie 20 Monaten Haft tritt Marécaux schließlich in den Hungerstreik. Er setzt die wichtigsten Politiker von seinem Entschluss in Kenntnis. Durch die Nahrungsverweigerung verliert er rapide an Gewicht und wird schließlich in ein Krankenhaus eingeliefert. Als er bereits kaum noch reden kann, ergeht der Beschluss, ihn bis zur Gerichtsverhandlung unter Auflagen freizulassen. Mühsam lernt Marécaux in der Folgezeit wieder laufen und essen. Er verbringt die Zeit bis zur Verhandlung bei seiner Nichte und ihren drei Kindern. Bei der Familienrichterin stimmt er aufgrund seiner eigenen Lage zu, die beiden jüngeren Kinder seiner Frau zu überlassen, die jedoch wegen der Traumatisierung der Kinder darauf besteht, das Besuchsrecht des Vaters vorerst auszusetzen. Marécaux klagt die Richterin an, für die Zerrüttung seiner Familie verantwortlich zu sein.

Bei der Gerichtsverhandlung verwickelt sich Myriam Badaoui in Widersprüche. Jimmy, der angeblich von den mehr als ein Dutzend von Badaoui Beschuldigten vergewaltigt wurde, kann bei der Befragung nicht einmal Marécaux identifizieren, der angeblich einer der Haupttäter war. Mitten in Jimmys Vernehmung bittet Frau Badaoui um das Wort. Sie gesteht, gelogen zu haben. Alle von ihr Beschuldigten sind unschuldig, da nur sie, ihr Mann und das Nachbarspaar ihre eigenen Kinder missbraucht haben. Am Ende werden einige der von Badaoui Beschuldigten dennoch zu Haftstrafen verurteilt, darunter auch Marécaux wegen sexuellen Missbrauchs seines Sohnes. Er versucht erneut, sich das Leben zu nehmen. Erst im Dezember 2005 kommen die zu Unrecht Angeklagten endgültig frei. Im Jahr 2007 wird Marécaux erneut als Gerichtsvollzieher in den Staatsdienst aufgenommen. Richter Burgaud wird als einziger Vertreter der Justiz wegen des Prozesses belangt.

Im Bericht von Bernard Lamarque vom 26. August 2011.in der Bordeaux Gazette unter dem Titel  Vincent Garenq est venu présenter „Présumé Coupable“ à l’UGC. (Union générale cinématographique) wird folgende Synopsis gegeben (Zitat):

Le film raconte le calvaire d’Alain Marécaux - "l’huissier" de l’affaire d’Outreau - arrêté en 2001 ainsi que sa femme et 12 autres personnes pour d’horribles actes de pédophilies qu’ils n’ont jamais commis. C’est l’histoire de la descente en enfer d’un homme innocent face à un système judiciaire incroyablement injuste et inhumain, l’histoire de sa vie et de celle de ses proches, broyée par une des plus importante erreur judiciaire de notre époque.

Der Film erzählt den Leidensweg des Alain Marécaux - dem Gerichtsvollzieher des Falles Outreau - der 2001 genauso wie seine Frau und 12 weitere Personen für schreckliche pädophile Handlungen inhaftiert wurde, die sie niemals begangen haben. Es ist die Geschichte vom Abstieg eines unschuldigen Mannes in die Hölle angesichts eines unglaublich ungerechten und unmenschlichen Justizsystems, die Geschiochte seines Lebens und das seiner Angehörigen, das durch einen der größten Justizirrtümer in unsere Epoche zerstört wurde.

IV Der Fall Outreau

Der Fall Outreau, benannt nach dem Ort des Geschehens in der gleichnamigen Gemeinde, 35 Kilometer südwestlich von Calais an der Mündung der Liane in den Ärmelkanal, ist im englischsprachigen Wikpedia unter Outreau trial und ausführlich im französischsprachigen Wikpedia unter Affaire d'Outreau  geschildert.

Im deutschen Wikipedia sucht man eine Eintragung vergeblich. Es ist ein allerdings ein Zeichen von Qualität, wenn in der FAZ am 21.05.2004 unter dem Titel: Affäre Outreau: Zu Unrecht beschuldigt  und dem Untertitel: Spektakuläre Wende in französischem Pädophilen-Prozeß: 13 von 17 Angeklagten wurden zu Unrecht angeklagt. Nach drei Jahren in der Untersuchungshaft ist ihr Leben trotz eines Freispruchs zerstört, berichtet wird und daher das einleitende Statement wie folgt zitiert werden kann:

Im nordfranzösischen Outreau ist einer der bedeutendsten französischen Prozesse wegen Pädophilie überraschend geplatzt, nachdem die Hauptbelastungszeugin am elften Verhandlungstag unerwartet Falschaussagen eingestanden hatte und 13 der 17 Angeklagten von allen Vorwürfen freisprach. Einige der zu Unrecht Beschuldigten befanden sich seit drei Jahren in Untersuchungshaft und sehen sich selbst im Falle eines Freispruchs vor den Trümmern ihrer beruflichen Existenz und ihres Privatlebens. Die überraschende Wende rief im Gerichtssaal tumultuarische Szenen hervor. Einige der Entlasteten brachen in Tränen zusammen. Zuhörer im Gericht riefen: "Verfaulte Justiz", "Skandal" und "Es gibt keine Gerechtigkeit mehr".

V Preise

Regisseur Vincent Garenq wurde in Venedig für Haftbefehl – Im Zweifel gegen den Angeklagten mit dem Label Europa Cinemas ausgezeichnet. Auf dem Bratislava International Film Festival erhielt er den Preis als Bester Regisseur; der Film lief zudem im Wettbewerb um den Grand Prix.

Der Film erhielt 2012 zwei César-Nominierungen: Philippe Torreton wurde in der Kategorie Bester Hauptdarsteller nominiert, während Vincent Garenq eine Nominierung in der Kategorie Bestes adaptiertes Drehbuch erhielt. Raphaël Ferret wurde als Bester Nachwuchsdarsteller 2012 für einen Prix Lumières nominiert.

VI Hinweise zu dieser Webseite

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