I Film
Sacco und Vanzetti (Originaltitel: Sacco e Vanzetti) ist ein unter der Regie von Giuliano Montaldo für das Kino gedrehter italienisch-französischer Spielfilm aus dem Jahr 1971, der den Genres Polit-, Doku- und Justizdrama zugeordnet wird.
Der Film bereitet die historischen Ereignisse um den in den 1920er Jahren im US-amerikanischen Bundesstaat Massachusetts stattgefundenen Raubmord-Prozess gegen die aus Italien in die USA eingewanderten Arbeiter und Anarchisten Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti dramaturgisch auf.
Im Mai 1971 war Sacco e Vanzetti ein Wettbewerbsbeitrag bei den 24. Internationalen Filmfestspielen von Cannes (vgl. Abschnitt Auszeichnungen).
Die deutschsprachige Synchronfassung startete am 10. Mai 1972 in westdeutschen Kinos.
Siehe zum Film Wikipedia (deutsch) und den Beitrag von Kristian Buchna im Filmgeschichte Blog unter dem Titel: That agony is our triumph.
II Regie und Besetzung
Giuliano Montaldo (* 22. Februar 1930 in Genua) ist ein italienischer Filmregisseur. Beim Film Sacco und Vanzetii griff Montaldo, der auch maßgeblich am Drehbuch beteiligt war, in Form und Stil auf Elemente des italienischen Neorealismus zurück.
Zur Biografie siehe Wikipedia (deutsch)
Gian Maria Volonté spielt die Rolle des Bartolomeo Vanzetti, Riccardo Cucciolla die des Nicola Sacco und Rosanna Fratello jene seiner Ehefrau Rosa Sacco, Cyril Cusack spielt die Rolle des Staatsanwalts Frederick G. Katzmann und Geoffrey Keen jene des Richters Webster Thayer. Die Filmmusik stammt von Ennio Moricone und die Liedtexte von Joan Baez (darunter der Song Here's to you, der bis heute international als Hymne für die Opfer politischer Justiz verstanden wird).
Zur Besetzung siehe Wikipedia (deutsch), zur Filmmusik und zum Lied siehe Youtube und Here's to You.
III Handlung
Zitat aus Wikipedia:
Der Film bereitet die historischen Ereignisse um den in den 1920er Jahren im US-amerikanischen Bundesstaat Massachusetts stattgefundenen Raubmord-Prozess gegen die aus Italien in die USA eingewanderten Arbeiter und Anarchisten Nicola Sacco (dargestellt von Riccardo Cucciolla) und Bartolomeo Vanzetti (dargestellt von Gian Maria Volonté) dramaturgisch auf. Dabei sind auch selten gezeigte zeitgenössische Archivaufnahmen aus verschiedenen Stummfilm-Wochenschauen in die Spielfilmhandlung integriert, die unter anderem weltweite Massendemonstrationen für die Freilassung der Titelpersonen dokumentieren. Zur Verdeutlichung des dokumentarischen Charakters sind außerdem die – nachgestellte – Einführungspassage sowie die Schlussphase des ansonsten in Farbe gedrehten Films in schwarz-weiß gehalten. Filmeinleitend handelt es sich dabei um den Vorspann, der die staatliche Massenverfolgungswelle nach dem Ersten Weltkrieg gegen (auch vermeintlich) linke Immigranten durch die sogenannten Palmer Raids ins Bild setzt. Bei der Schlussphase ist es die Szene der Hinrichtung der Protagonisten, die schwarz-weiß dargestellt ist.
Insgesamt folgt Montaldos Drama der heute mehrheitlich auch in der Wissenschaft vertretenen Auffassung, dass Sacco und Vanzetti an dem ihnen zur Last gelegten Verbrechen unschuldig waren, und sie tatsächlich aufgrund ihrer Herkunft als Immigranten und ihrer politischen Gesinnung als Anarchisten zum Tode verurteilt wurden. Im Film wird dies verdeutlicht durch die Unterdrückung und vorurteilsbehaftete Diffamierung von gegenüber dem Schuldvorwurf entlastenden Hinweisen und Alibis der Angeklagten durch den Staatsanwalt Frederick G. Katzmann (dargestellt von Cyril Cusack) und den Richter Webster Thayer (dargestellt von Geoffrey Keen).
Am Beispiel des Falles von Sacco und Vanzetti, die nach sieben Jahren Haft und mehreren abgewiesenen Anträgen zur Neuaufnahme des Verfahrens letztlich 1927 auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet werden und damit zu Opfern eines Justizmords wurden, bezieht Montaldo mit seinem Film Stellung gegen die Todesstrafe und eine politisch voreingenommene Justiz, die nationalistischen und fremdenfeindlichen Leitlinien folgt.
IV Sacco und Vanzetti
Zitat aus Wikipedia:
Ferdinando „Nicola“ Sacco (* 22. April 1891 in Torremaggiore, Provinz Foggia, Italien; † 23. August 1927 in Charlestown, Massachusetts) und Bartolomeo Vanzetti (* 11. Juni 1888 in Villafalletto, Provinz Cuneo, Italien; † 23. August 1927 in Charlestown, Massachusetts) waren zwei aus Italien in die USA eingewanderte Arbeiter, die sich der anarchistischen Arbeiterbewegung angeschlossen hatten.
Sie wurden der Beteiligung an einem doppelten Raubmord angeklagt und 1921 in einem umstrittenen Prozess schuldig gesprochen. Nach mehreren abgewiesenen Revisionsanträgen der Rechtsanwaltschaft folgte 1927 nach sieben Jahren Haft das Todesurteil. In der Nacht vom 22. auf den 23. August 1927 wurden Sacco und Vanzetti im Staatsgefängnis von Charlestown auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet.
Sowohl der Schuldspruch als auch das letztliche Urteil vom 9. April 1927 hatten weltweite Massendemonstrationen zur Folge. Kritiker warfen der US-amerikanischen Justiz vor, es handele sich um einen politisch motivierten Justizmord auf der Grundlage fragwürdiger Indizien. Entlastende Hinweise seien unzureichend gewürdigt oder sogar unterdrückt worden. Hunderttausende von Menschen beteiligten sich an Petitionen und versuchten damit, einen Aufschub oder die Aussetzung der Urteilsvollstreckung zu erreichen.
Im Jahr 1977 veröffentlichte der demokratischen Gouverneur von Massachusetts Michael Dukakis eine Erklärung, wonach der Prozess gegen das Duo durchdrungen von Vorurteilen gegen Ausländer und Feindlichkeit gegenüber unorthodoxen politischen Ansichten und daher nicht gerecht gewesen sei.
Siehe zu Richter WebsterThayer den Eintrag in Wikipedia.
V Preise
Der Film war im Mai 1971 ein Beitrag bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes. Dabei gewann Riccardo Cucciolla für seine Rolle als Nicola Sacco den Preis als Bester Darsteller.
1972 erhielt der Komponist Ennio Morricone den von der Vereinigung der italienischen Filmjournalisten vergebenen Preis Nastro d’Argento (Silbernes Band) in der Sparte Beste Filmmusik für seinen Soundtrack zu Sacco und Vanzetti. Dabei wurden ebenfalls von diesem Gremium Rosanna Fratello für ihre Darstellung von Rosa Sacco (der Ehefrau Nicola Saccos) in der Sparte Beste Nachwuchsdarstellerin und ein weiteres Mal (nach Cannes 1971) Riccardo Cucciolla als Bester Hauptdarsteller ausgezeichnet.
VI Exkurs zur Todesstrafe
Das Argument, dass Justizirrtum und Missbrauch nie auszuschließen sind, ist eines der wichtigsten wider die Todesstrafe. Siehe dazu auszugsweise aus Wikipedia:
- Staaten, die die Todesstrafe verhängen, nehmen unvermeidbar die Hinrichtung von Unschuldigen in Kauf. Weder Polizei noch Justiz arbeiten fehlerfrei, sodass es auch im Rechtsstaat nachweislich immer wieder zu Justizirrtümern und Fehlurteilen kommt. Da ein vollstrecktes Todesurteil endgültig ist, lässt es sich nicht nachträglich wiedergutmachen. Dies beschädigt zugleich unwiderruflich die Glaubwürdigkeit des Rechtssystems für alle Bürger dieses Staates. Diese Tatsache ist ein Hauptargument gegen die Todesstrafe.
- Viele Staaten legen zudem unklare Kriterien zur rechtlichen Würdigung von Straftaten fest: Als todeswürdig gilt eine Gewalttat etwa dann, wenn sie aus „niederen Beweggründen“ oder „heimtückisch“ begangen wurde. Kritische Wissenschaft verweist darauf, dass die Definition dieser Kriterien ständig veränderlichen gesellschaftlichen Werturteilen unterliege. Damit werde das Bild, das sich ein Richter oder eine Jury vom Angeklagten macht, oft entscheidend für das Urteil über sein Leben oder Sterben.
- In Kapitalverfahren geben oft subjektive Eindrücke von Strafverfolgern, Anklägern, Beisitzern, Richtern und Geschworenen den Ausschlag für ein Urteil. Solche Strafprozesse sind zudem oft stark emotionalisiert: Die Angehörigen der Opfer und der oder die Täter und ihre Angehörigen stehen einander gegenüber. Die Öffentlichkeit ist ebenfalls beteiligt und wird durch die Massenmedien zusätzlich beeinflusst. Auf den Entscheidungsträgern, die nicht immer Berufsrichter, sondern oft Laien sind, lastet also ein erheblicher öffentlicher Druck. Das könne dazu führen, dass sie den Wünschen einer Mehrheit nachgeben und diese durch ein hartes oder mildes Vorgehen zu überzeugen suchen. Diese Situation sei eine häufige Ursache für Fehlurteile.
Aktuell sehen laut dem Death Penalty Information Center in den USA etwa 2500 zum Tode verurteilte Häftlinge der Vollstreckung entgegen. Die Anzahl ist in den letzten 18 Jahren zürückgegangen, weil Urteilsabänderungen, Vollstreckungen und andere Todesfolgen die Zahl neu verhängter Todesurteile übersteigen. In der Innocence Database sind 185 zum Tode Verurteilte namentlich angeführt, die im Zeitraum von 1973 bis 2021 entlastet (exonerated) wurden. Die Gründe dafür liegen ua in falschen Geständnissen (false confession), Meineid (perjury), ungenügenden Beweisen (insufficient evidence), falschen Anschuldigungen (false accusation) oder unzulänglicher Pflichtverteidigung (inadequate legal defense).
Siehe auch Victor Hugo's deutliche Einstellung gegen die Todesstrafe.im 1829 veröffentlichten Roman Le dernier jour d’un condamné.
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- Personenbezogene Daten ergeben sich aus dem Film, der Film- und Fallbeschreibung sowie aus der Zeitgeschichte.