I Artikelserie
Über die Wayback Machine des Internetarchivs (siehe die digitalen Helfer auf der Webseite favorartis) kann man zu einen Snapshot der Website medienprofessor.at vom 14.02.2005 gelangen. Darin sind jene Zeitungsausschnitte der Neuen Kronen Zeitung von Oktober bis Dezember 1999 dargestellt, die Gegenstand des Verfahrens waren und im OGH-Urteil auch angeführt sind, darunter auch ein Gedicht, das in den Wind gereimt ist. Diese Zeitungsausschnitte und mithin auch das Gedicht sollten sichtbar werden, wenn durch Klick auf die entsprechende Seite des Internetarchivs der Link Angriffe der Krone aktiviert und sodann etwa der Zeitungsausschnitt vom 2. Dezember 1999 für den Erhalt des Gedichtes angeklickt wird.
Das Urheberrecht der Website medienprofessor.at in der Fassung 1999 liegt bei DDr. Peter Aurelius B*****. Die Verlinkung zum Memento vom 14.02.2005 wird zur Erkennbarkeit im Zusammenhang mit der hier erfolgenden Besprechung des (gleichnamigen) Falles Medienprofessor verwendet und dient diesem Zweck. Sie ist ein bedeutender Beitrag zum Verständnis des Webseiteninhaltes, der praktischerweise nicht nur aus Worten bestehen soll. Die Erreichbarkeit des Bildes via Wayback Machine ist an die Spitze der Besprechung des Falles gesetzt, um sogleich einen ersten visuellen Eindruck in Bezug auf den Webseiteninhalt zu vermitteln und dem Leser zu helfen, die Artikelserie schnell zu erkennen. Die Verlinkung ist nicht geeignet, die Interessen des Urhebers zu verletzen, da die Artikelserie (auch inhaltlich) in der Entscheidung selbst angeführt ist und insgesamt gezeigt wird, wie sich der Urheber DDr. Peter Aurelius B***** erfolgreich gegen eine Medienkampagne zur Wehr gesetzt hat.
Von einer direkten Zurverfügungstellung der Artikelserie auf dieser Webseite wird allerdings - soweit sie über den Urteilstext hinausginge - aus urheberrechtlichen Gründen abgesehen, der indirekte Verweis ist jedoch (siehe den Fall Svensson des EuGH) zulässig.
II Schlagworte und Leitsatz
- Privatrecht – Urheberrecht – Meinungsfreiheit – Internet
Dem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch kann das durch Art 10 EMRK geschützte Recht der freien Meinungsäußerung entgegenstehen. Ob dies der Fall ist, ist durch eine Abwägung der vom Urheber oder seinem Werknutzungsberechtigten verfolgten Interessen mit dem Recht der freien Meinungsäußerung zu beurteilen.
III Parteien
Die Klägerin K***** Gesellschaft mbH & Co KG ist Herausgeberin der Neuen Kronen Zeitung. Die Neue Kronen Zeitung, kurz Kronen Zeitung oder Krone, ist die auflagenstärkste österreichische Tageszeitung. Sie erscheint seit 1900 (ausgenommen die Jahre 1944 bis 1959) in Wien und ist als Boulevardzeitung durch einfache Sprache und kurze Artikel gekennzeichnet Mehr Informationen zur Klägerin in Wikipedia und auf dieser Website (im Kapitel Recht in der Kunst) unter Kronen Zeitung.
Der Beklagte DDr. Peter Aurelius B***** ist ein österreichischer Kommunikationswissenschaftler, Jurist und Unternehmensgründer. Er war 1999 im Bereich der Publizistik, Kommunikationswissenschaft und Informationsökonomie sowie der neuen Technologien wissenschaftlich tätig und beschäftigte sich in diesem Zusammenhang mit dem Medienerfolg der Neuen Kronen Zeitung - unabhängig. Sein besonderes Augenmerk galt dem Kampagnenjournalismus und der speziellen Zitiermethode dieses Printmediums. Seine Homepage konnte unter der Domain www.medienprofessor.at angewählt werden kann. Daher kommt die Bezeichnung Medienprofessor. Der Beklagte war Geschäftsführer der T***** GmbH.
IV Sachverhalt
In den Ausgaben der Neuen Kronen Zeitung vom 24., 25., 26., 27. 10., 5., 7., 8., 12., 19., 23. 11., 1., 2., 3., 7., 10., und 14. 12. 1999 erschienen Artikel, die sich mit der Tätigkeit und finanziellen Gebarung des Medienprofessor B als Geschäftsführer der T***** GmbH befassten und deren Überschriften wie folgt lauteten:
- 24. 10. 1999: Es geht um Medienprofessor B*****. Millionenspritze aus Steuergeld geplant: Land kauft überschuldete Firma.
- 25. 10. 1999: Fall B***** soll in die Regierungssitzung. Bremsklotz für Plan zur Firmenübernahme.
- 26. 10. 1999: Es geht um Steuerberater-Rechnungen über 50.913 S. Mahnungen blieben ohne Erfolg. Konkursantrag trifft die Firma von Medienprofessor.
- 27. 10. 1999: Steuermillionen für Firmenübernahme? Landeshauptmann geht vorsichtig auf Distanz. Medienprofessor im Kreuzfeuer !
- 5. 11. 1999: Aufregung um Medien-Professor.
- 7. 11. 1999: Teure Kurse auf geförderten Computern:Medien-Professor bleibt im Kreuzfeuer.
- 8. 11. 1999: Medienprofessor B*****: Verluste und Rätsel um Dienstvertrag.
- 12. 11. 1999: Immer mehr neue Enthüllungen über marodes Unternehmen. Dickes Minus bei Medienfirma. Erfolgsstory war Fälschung.
- 19.11. 1999: Finanzdebakel fegte B***** aus dem Amt. Geheimsitzung: Es geht um 11 Millionen. Medienprofessor abgesetzt!
- 23. 11. 1999: Medienprofessor B*****:Allein 267.000 Schilling Überziehungszinsen abgeliefert. 11,1 Millionen Bankschulden!
- 1. 12. 1999:Seriöse Forscher auf Distanz zum Medienprofessor. Land ignoriert Warnungen. Haben mit B***** nichts zu tun !
- 3. 12. 1999: Bank hatte Sicherheiten vergessen. Mehr Kreditrahmen. Medienprofessor verpfändet Firmeneinnahmen an die Bank !
- 7. 12. 1999: Monats-Gage erhöht. Millionen fließen: Land hätschelt den Medien-Professor.
- 10. 12. 1999: Weil eine offene Rechnung vom Medienprofessor nicht bezahlt worden war: Behinderte klagen Prof. B*****.
- 14. 12. 1999: Prof. B***** und die vorgetäuschte Zahlung. Üble Geschäfte des Medienprofessors.
In den ersten Artikeln wurde Medienprofessor B vorgeworfen, als Geschäftsführer des überschuldeten Unternehmens 1,700.000 S jährlich an Gehalt und Tantiemen zu beziehen; das Land Salzburg habe geplant, die GmbH um 250.000 S zu übernehmen und mit fünf Millionen Steuergeld aufzupäppeln. Die Neue Kronen Zeitung habe die Affäre aufgedeckt. Schließlich wurde berichtet, dass der Medienprofessor abgesetzt sei und dass sich die Affäre ... zum handfesten Skandal auswachse. Nicht genehmigte Kontoüberziehungen in Millionenhöhe habe er sich quasi nebenbei absegnen lassen. Seriöse Forscher gingen auf Distanz zum Medienprofessor; das Land ignoriere Warnungen. Es gebe immer neue Enthüllungen über seine Geschäfte. Er verpfände Firmeneinnahmen an die Bank. Das Land hätschle den Medienprofessor. Statt der geplanten 100.000 S kriege er sogar 120.000 S Monatsgage. Und einen hochbezahlten Geschäftsführer extra, weil er die Finanzen seiner Firma abenteuerlich geführt habe. Im Anschluss daran wurden dem Kläger miese Methoden vorgeworfen. Er habe in seiner Firma 80.000 S Monatsgage und bis zu 700.000 S Prämien pro Jahr kassiert. Aber ein engagierter Verein für Behinderte, der für B*****s Firma gearbeitet habe, habe ein Jahr warten und sogar klagen müssen, bis eine offene Rechnung endlich beglichen worden sei. Der Medienprofessor müsse sich üble Geschäftsmethoden vorwerfen lassen. Mehr als ein Jahr sei ein Verein zur Behinderten-Hilfe hingehalten worden, bis eine offene Rechnung über knapp 100.000 S beglichen worden sei. Dabei sei mit einem Beleg sogar vorgetäuscht worden, alles wäre schon längst bezahlt...
Am 2. 12. 1999 wurde in der Rubrik In den Wind gereimt folgendes Gedicht abgedruckt:
- Der 'Medienprofessor' B*****gereicht dem Lande nicht zum Schmuck.
- Betreten sind die Institute, macht von sich reden dieser 'Gute'.
- Denn fähig ist der Mann nur wenig, dafür beim Schuldenmachen König.
- Das Land schiebt es ihm trotzdem rein. Ja, beim CV, da müsst' man sein!
Als Verfasser des Gedichts scheint Wolf M***** auf; als Verfasser der Artikel Robert R*****. Beide sind als Redakteure bei der Klägerin angestellt. Die Artikel vom 5. 11. 1999 und vom 1. 12. 1999 waren mit Portraitfotos illustriert, die Joachim M***** als angestellter Fotograf für die Klägerin aufgenommen hatte. Das am 5. 11. 1999 veröffentlichte Foto zeigt den Präsidenten der Salzburger Arbeiterkammer; mit diesem Foto wurde die Kolumne Salzburg inoffiziell illustriert, deren Gegenstand die Themen Die Tricks der Polit-Werbung und Aufregung um Medien-Professor waren.
Medienprofessor B hat sämtliche dieser Artikel samt Fotos eingescannt und in seine Homepage aufgenommen, die unter der Domain www.medienprofessor.at angewählt werden kann. Die Homepage enthält darüber hinaus einen kurzen Lebenslauf des Medienprofessor B, eine Liste seiner Publikationen im Zeitraum 1993 bis 1997 und Werbung für seine Bücher:
- Der 'Medienprofessor' im Original!
Wissenschaftlich Vergnügliches und literarisch Aufklärendes zum Medienerfolg Neue Kronenzeitung - unabhängig und deren Kulturkriege - jetzt wieder nachzulesen in 3 Bänden des 'Medienprofessors'Peter A. B*****!
- Bestellen Sie jetzt!"
Streitgegenstand des Rechtsstreites ist die Frage, ob durch die Veröffentlichung der Artikel samt Fotos auf www.medienprofessor.at eine Verletzung von Urheberrechten der Kronenzeitung und von Leistungsschutzrechten an den Lichtbildern erfolgte.
V Gang des Verfahrens
Standpunkt der Klägerin: Die Klägerin begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, es ab sofort zu unterlassen, Artikel und Fotos, welche in der Neuen Kronen Zeitung erscheinen, ohne Zustimmung der Berechtigten im Internet zu verbreiten, zu vervielfältigen und/oder zu verwerten. Die Klägerin stellt darüber hinaus ein Beseitigungs-, ein Veröffentlichungs-, ein Zahlungs- und ein Rechnungslegungsbegehren. Die Artikel seien Sprachwerke. Ihr stünden die Werknutzungsrechte an den Artikeln und die Leistungsschutzrechte an den Lichtbildern zu. Mit der Veröffentlichung im Internet habe der Beklagte die Artikel und Lichtbilder unberechtigter Weise verwertet, vervielfältigt und verbreitet. Er habe auf seiner Homepage kein wissenschaftliches Werk erstellt, sondern mit den Artikeln und Fotos für seine Publikationen geworben. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit und der Pressefreiheit schütze nur die Äußerung der eigenen Meinung, nicht jedoch auch die Wiedergabe der Meinung eines Anderen.
Standpunkt des Beklagten: Der Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Er sei im Bereich der Publizistik, Kommunikationswissenschaft und Informationsökonomie sowie der neuen Technologien wissenschaftlich tätig. In diesem Zusammenhang beschäftige er sich mit dem Medienerfolg der Neuen Kronen Zeitung - unabhängig. Sein besonderes Augenmerk gelte dem Kampagnenjournalismus und der speziellen Zitiermethode dieses Printmediums. Dadurch fühle sich die Klägerin als Herausgeberin der Neuen Kronen Zeitung behelligt. Sie versuche seit Jahren, den Beklagten durch gezielte Medienkampagnen zu verunglimpfen und zu verfolgen. Die in das Internet gestellten Artikel seien ein anschauliches Beispiel dafür, dass im Verbreitungsgebiet der Salzburg Krone unwahre Behauptungen über den Beklagten aufgestellt worden seien. Auf der Homepage des Beklagten stehe dessen wissenschaftliche Arbeit im Vordergrund. Die dort wiedergegebenen Artikel seien Zitate, durch die der Beklagte die Medienkampagne der Neuen Kronen Zeitung darstelle. Dazu berechtige ihn das Grundrecht der freien Meinungsäußerung und der Pressefreiheit; die Zitate seien auch nach § 46 UrhG zulässig gewesen. Die Artikel seien keine Werke im Sinne des Urheberrechtsgesetzes; sie seien nicht nur in der jeweiligen Ausgabe der Neuen Kronen Zeitung veröffentlicht worden, sondern könnten auch auf der Homepage der Klägerin aufgerufen werden. Damit sei das Verwertungsrecht der Klägerin, insbesondere das Veröffentlichungsrecht, nicht mehr gegeben. Eine Publikation im Internet sei der Publikation in anderen Zeitungen und Zeitschriften gleichzusetzen; als einfache Mitteilungen hätten die Artikel gemäß § 44 Abs 3 UrhG veröffentlicht werden dürfen. Die Artikel seien im Internet unter www.krone.at/archiv veröffentlicht worden. Mit dem erstmaligen Inverkehrbringen sei das Verbreitungsrecht erschöpft worden.
Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, es zu unterlassen, 14 Artikel aus der Neuen Kronen Zeitung (vom 24., 25., 26., 27. 10., 7., 12., 19., 23. 11., 1., 2., 3., 7., 10., 14. 12. 1999) und zwei Fotografien laut der Gerichtsbeilage ./B oder andere, zugunsten der Klägerin urheberrechtlich geschützte Artikel und Fotografien, die in der Neuen Kronen Zeitung erscheinen, ohne Zustimmung der Klägerin im Internet zu verbreiten, zu vervielfältigen und/oder zu verwerten; es gab im selben Umfang dem Beseitigungs- und - für die Zeit ab 9. 12. 1999 - dem Rechnungslegungsbegehren statt, sprach der Klägerin 36.800 S zu und wies das Mehrbegehren ab. Die Artikel seien - mit Ausnahme jener vom 5. und 8. 11. 1999 - eine individuell eigenartige Leistung und damit ein Werk im Sinne des Urheberrechtsgesetzes. Der Beklagte habe dadurch, dass er die Artikel und Lichtbilder in das Internet gestellt habe, ein neues Werkstück erzeugt. Gleichzeitig habe er jedem Inhaber eines Internetanschlusses die Möglichkeit eingeräumt, die Artikel auf seinen Computer zu laden und auszudrucken. Damit habe er die Artikel und Lichtbilder vervielfältigt und verbreitet. Erschöpft könnte nur das Verbreitungsrecht, nicht aber auch das Vervielfältigungsrecht sein. Eine stillschweigende Zustimmung zur Vervielfältigung sei aber bei einer kommerziellen Weiterverarbeitung nicht anzunehmen. Auf der Internetseite des Beklagten stehe die Werbung für dessen Publikationen im Vordergrund; es gebe keinerlei inhaltliche Auseinandersetzung. Der Beklagte könne sich nicht auf Verteidigungsrechte berufen.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf, trug dem Erstgericht eine neuerliche, nach Verfahrensergänzung zu fällende Entscheidung auf und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands jeweils 52.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Auf die Einwendungen gegen die Aktivlegitimation der Klägerin sei nicht weiter einzugehen, weil der Beklagte diese in erster Instanz schlüssig zugestanden habe. Die Artikel seien eigentümliche geistige Schöpfungen und damit Werke im Sinne des Urheberrechtsgesetzes. Die Artikel vom 5. und 8. 11. 1999 beschränkten sich zwar auf die Wiedergabe von Fakten und Aussagen Dritter; sie seien jedoch Teil eines Gesamtkonzepts und damit ebenfalls geschützt. Durch die Veröffentlichung im Internet habe der Beklagte in die Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte der Klägerin eingegriffen. Der Beklagte könne sich weder auf § 41 UrhG, noch auf § 42c UrhG, § 44 Abs 1 UrhG oder § 46 Z 2 UrhG berufen. Der Beklagte habe die Artikel nicht für Zwecke der Strafrechtspflege oder der öffentlichen Sicherheit in seine Homepage aufgenommen. Die (angebliche) Medienkampagne der Neuen Kronen Zeitung gegen den Beklagten sei kein Tagesereignis. § 44 Abs 1 UrhG decke nicht die Verwendung fremder Zeitungsartikel für kommerzielle Pressespiegel. Ein Pressespiegel sei kein wissenschaftliches Werk; damit fehlten die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Großzitats. Es bleibe daher nur der Einwand, der Beklagte sei unter Bedachtnahme auf seine Grundrechte der Meinungsäußerungsfreiheit und der Pressefreiheit berechtigt gewesen, sich gegen die Medienkampagne der Neuen Kronen Zeitung zur Wehr zu setzen. Der Beklagte habe in diesem Zusammenhang das Fehlen von Feststellungen über den Inhalt seiner Homepage gerügt, aus denen sich ergeben hätte, dass die Neue Kronen Zeitung eine bewusste und diffamierende Medienkampagne gegen ihn geführt habe. Er habe sich auf seine Vernehmung berufen, die jedoch nicht durchgeführt worden sei. Es sei nicht geklärt, auf Grund welcher Beweismittel die Gestaltung und der Inhalt einer Homepage bewiesen werden können. In Frage kämen der Aufruf der Homepage oder die Vorlage von Ausdrucken. Die Einvernahme der Parteien zum Inhalt und zur Gestaltung der Homepage sei nur ein subsidiäres Beweismittel für den Fall zwischenzeitiger Veränderungen. Es wäre Sache des Erstgerichts gewesen, mit den Parteien zu erörtern, ob das angebotene Beweismittel zielführend sei. Aus den von der Klägerin vorgelegten Ausdrucken sei ersichtlich, dass die Homepage eine gewisse Strukturierung aufweisen müsse. Das Erstgericht hätte darauf hinwirken müssen, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben über Inhalt und Gestaltung der Homepage gemacht werden. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht Feststellungen zum gesamten Inhalt der Homepage zu treffen haben, und zwar einerseits bei Klageeinbringung und andererseits bei Schluss der Verhandlung erster Instanz. Bei der rechtlichen Beurteilung werde das Erstgericht zu berücksichtigen haben, dass das Urheberrecht in seiner Wechselwirkung mit anderen Grundrechten gesehen werden müsse. Die Berufung des Beklagten auf sein Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit könne ebensowenig als unbeachtlich abgetan werden wie die Frage, ob es demjenigen, der von einem gleichsam marktbeherrschenden Medium wie der Neuen Kronen Zeitung zum Gegenstand einer Artikelserie gemacht werde, die derart massiv in seine Person, in seine Reputation und seine Existenz eingreife wie die vorliegende, nicht doch zustehen müsse, sich - allenfalls auch unter Verletzung von Urheberrechten - dagegen zu wehren. Es erscheine nicht von Vornherein ausgeschlossen, dem Beklagten das Recht zuzubilligen, sich durch das Einscannen und durch die Aufnahme der ihn massivst in Misskredit bringenden Artikel in seine Homepage gegen die Vorgangsweise der Neuen Kronen Zeitung zu wehren, auch wenn dadurch die Urheberrechte der Klägerin verletzt worden sein mögen. Beim Lesen eines oder auch mehrerer Artikel sei dem Leser die Kampagne nicht unbedingt bewusst geworden. Dem Beklagten sei es unmöglich gewesen, selbst eine Zeitschrift herauszubringen, um der Klägerin gleichsam auf derselben Ebene entgegentreten zu können. Dazu komme, dass sich die Klägerin auf ihre Berichterstattungspflicht berufe, dem Beklagten aber mit Mitteln des Urheberrechtsgesetzes die Möglichkeit abschneiden wolle, die Allgemeinheit über ihre eigene Vorgangsweise zu informieren. Schließlich erscheine es mehr als fraglich, ob es das Urheberrechtsgesetz tatsächlich verbiete, einen Pressespiegel mit Artikeln über die eigene Person zu erstellen, wenn die Selbstverteidigung im Vordergrund stehe. Da das Erstgericht davon ausgegangen sei, dass die Homepage des Beklagten in erster Linie Werbezwecken gedient habe, sei die Mängelrüge des Beklagten berechtigt. Das Erstgericht werde Feststellungen über den konkreten Zweck der Homepage und über den Grund zu treffen haben, warum der Beklagte die Artikel samt Fotografien in die Homepage aufgenommen habe. Sollte sich herausstellen, dass es nicht in erster Linie Werbezwecke waren, so müsste die Interessenabwägung zu Gunsten des Beklagten ausfallen. Sollten auch werbetechnische Gründe maßgebend gewesen sein, so sei zu prüfen, ob § 46 Z 2 UrhG anzuwenden sei. Das Erstgericht werde zu beurteilen haben, ob die Homepage des Beklagten ein wissenschaftliches Werk sei. Es sei die jüngste Rechtsprechung zur Zulässigkeit des Großzitats zu berücksichtigen, die sich auf das Zitieren ganzer Zeitschriftenartikel übertragen lasse. Das Erstgericht müsse prüfen, ob es für den Beklagten tatsächlich notwendig gewesen sei, die ganzen Artikel in seine Homepage aufzunehmen. Sollte das Erstgericht der Klage dennoch stattgeben, so werde es im Spruch die konkrete Eingriffshandlung anzuführen haben. Im Rechnungslegungsbegehren sei zu präzisieren, worüber der Beklagte Rechnung zu legen habe. Das Veröffentlichungsbegehren werde das Erstgericht noch mit den Parteien zu erörtern haben.
VI Rechtliche Beurteilung des Höchstgerichtes
Der gegen diesen Beschluss gerichtete Rekurs der Klägerin ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Rekurs ist im Ergebnis auch berechtigt.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass sich der Beklagte schon deshalb nicht auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung berufen könne, weil ihm auch andere Verteidigungsmöglichkeiten offen gestanden wären, die zu keiner Urheberrechtsverletzung geführt hätten. In Wahrheit argumentiere und kritisiere der Beklagte nicht, sondern kopiere lediglich. Die Durchsetzung von Gegendarstellungsbedürfnissen sei ausreichend gewährleistet; der Beklagte habe seine entsprechenden Begehren nur deshalb nicht durchsetzen können, weil die Kritik der Klägerin wahr sei. Auf der Homepage des Beklagten stehe die Werbung für seine Publikationen im Vordergrund.
Bevor auf die Ausführungen der Klägerin im Einzelnen eingegangen wird, ist zu prüfen, ob unter Berufung auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung in Urheberrechte eingegriffen werden kann oder ob die grundrechtlichen Schranken des Urheberrechts durch die freien Werknutzungen abschließend geregelt sind. In der Entscheidung MR 1997, 96 ((Walter)) = ÖBl 1997, 256 = WBl 1997, 175 - Head-Kaufvertrag hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass das verfassungsrechtlich geschützte Grundrecht der freien Meinungsäußerung den Eingriff in die urheberrechtlich geschützten Rechte über die im Urheberrechtsgesetz festgelegten freien Werknutzungen hinaus nicht rechtfertige. Gegenstand dieser Entscheidung war die Veröffentlichung eines anwaltlichen Vertragsentwurfs in einer Zeitschrift. Der Vertragsentwurf wurde als Sprachwerk im Sinne des § 2 Abs 1 UrhG gewertet und seine Veröffentlichung untersagt, da das Vorliegen einer freien Werknutzung im Sinne des § 42c UrhG verneint wurde.
In der Entscheidung MR 2000, 373 ((Walter)) - Schüssels Dornenkrone hat sich der Oberste Gerichtshof ebenfalls mit dem Spannungsverhältnis zwischen dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung und dem Urheberrecht auseinandergesetzt und aufgrund analoger Anwendung des § 54 Abs 1 UrhG auf Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften die Zulässigkeit eines großen Bildzitats auch außerhalb von wissenschaftlichen Werken bejaht. Walter (aaO) bezeichnet den Analogieschluss als problematisch und verweist darauf, dass auch das Urheberrecht ein für die Gesellschaft ganz wesentliches Rechtsgut ist, das sowohl als Eigentumsrecht als auch im Rahmen der Kunstfreiheit unter dem besonderen Schutz der Verfassung stehe. Auch der urheberrechtliche Schutz sei für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft gleichermaßen unverzichtbar und dürfe jedenfalls durch die Informationsfreiheit nicht ausgehöhlt werden.
Demgegenüber tritt Schanda (Pressefreiheit contra Urheberrecht, MR 1997, 90) dafür ein, im Einzelfall zu prüfen, ob die Einschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist. Für den Fall der Veröffentlichung eines Aktienkaufvertrags sei dies zu verneinen. In einer demokratischen Gesellschaft sei es durchaus erträglich, dass das Urheberrecht an einem Aktienkaufvertrag für eine einmalige Veröffentlichung hinter der Pressefreiheit zurücktrete.
Auch Schricker (in Schricker, Urheberrecht**2 § 51 Rz 8f mwN) hebt hervor, dass insbesondere die Meinungs-, Presse- und Rundfunkfreiheit dafür sprechen können, die Urheberrechtsbeschränkungen auszudehnen. Zugleich sei jedoch auch der Grundrechtsschutz des Urheberrechts zu bedenken. Ein insofern auftretender Grundrechtskonflikt sei durch sorgsame Güter- und Werteabwägung zu lösen. Der Gesetzgeber habe jedoch die ihm obliegende Wertung und Abgrenzung in dem als abschließend gedachten System der freien Werknutzungen bereits vorgenommen. In Einzelheiten seien Korrekturen durch entsprechende Auslegung möglich, insbesondere um Systeminkohärenzen auszugleichen. Für weitere Urheberrechtseinschränkungen anhand freier Interessenabwägung bestehe daneben kein Raum.
Anderer Auffassung ist Wild (in Schricker aaO § 97 Rz 19ff mwN). Er verweist darauf, dass einer Urheberrechtsverletzung die Rechtswidrigkeit fehlt, wenn ein Rechtfertigungsgrund vorliegt. Als Rechtfertigungsgründe kämen neben der Genehmigung das Schikaneverbot, Notwehr, Notstand, erlaubte Selbsthilfe und übergesetzlicher Notstand in Frage. Der übergesetzliche Notstand gelte als allgemeiner Rechtsgrundsatz. Danach sei eine Rechtsverletzung dann gerechtfertigt, wenn sie zum Schutz eines höherwertigen anderen Rechtsguts erforderlich sei. Kollidierten zwei gleichermaßen verfassungsgesetzlich geschützte Werte, dann sei die Lösung im Einzelfall grundsätzlich über eine Güter- und Interessenabwägung zu suchen, wobei der Meinungs- und Informationsfreiheit für die freiheitlich demokratische Ordnung besondere Bedeutung zukomme.
Wild (aaO) verweist auf Löffler (Grundrecht auf Informationsfreiheit als Schranke des Urheberrechts, NJW 1980, 201), der die Auffassung vertritt, dass das geltende Urheberrecht den Erfordernissen, die sich aus dem Grundrecht auf Informationsfreiheit ergeben, nur unzureichend gerecht werde. Er tritt für eine verfassungskonforme (und damit weite) Auslegung (insbesondere) des Zitatrechts ein.
Das Spannungsverhältnis zwischen Urheberrecht und dem Grundrecht der Meinungs- und Informationsfreiheit war in jüngster Zeit auch Gegenstand von Entscheidungen des OLG Hamburg (GRUR 2000, 146) und des Tribunal de grande instance de Paris (GRURInt 2001, 252 ((Geiger)). Beide Gerichte haben in dem jeweils zu entscheidenden Fall dem Grundrecht der Meinungs- und Informationsfreiheit einen Vorrang vor dem Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers eingeräumt.
Auch der erkennende Senat ist der Auffassung, dass einem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch das durch Art 10 EMRK geschützte Recht auf freie Meinungsäußerung entgegenstehen kann. Das Recht auf freie Meinungsäußerung kann gemäß Art 10 Abs 2 EMRK durch Gesetz bestimmten Einschränkungen unterworfen werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse des Schutzes (ua) der Rechte Anderer unentbehrlich sind. Das Urheberrecht ist ein gesetzlich geschütztes Recht, das für die Entfaltung der schöpferischen Persönlichkeit und für das kulturelle Leben der Gesellschaft von grundlegender Bedeutung ist. Es sichert die Existenz der geistig Schaffenden und reguliert die Vermittlung von Kulturgütern. Sein Schutz als Grund- und Menschenrecht knüpft an den Schutz des Eigentums und an den Schutz der Persönlichkeit an (Schricker aaO Einleitung Rz 8ff).
Es ist daher ein Anliegen des Urheberrechtsschutzes, den Urheber an dem wirtschaftlichen Nutzen zu beteiligen, der aus seinem Werk gezogen wird (Schricker aaO Einleitung Rz 15 mwN). So darf eine freie Werknutzung nicht dazu führen, dass der wirtschaftliche Wert des Werks in einer ins Gewicht fallenden Weise ausgehöhlt wird (SZ 55/110 = ÖBl 1983, 25 = Schulze 90 = UFITA 96 [1983] 355 = GRURInt 1983, 311 - Max Merkel).
Im vorliegenden Fall beruft sich die Klägerin auf ihr Werknutzungsrecht an Artikeln und Lichtbildern, die in der Neuen Kronen Zeitung erschienen sind. Dass die Artikel Sprachwerke im Sinne des § 2 Z 1 UrhG sind, haben die Vorinstanzen überzeugend dargelegt. Zutreffend ist auch ihre Auffassung, dass der Beklagte die Artikel und Lichtbilder durch ihre Aufnahme in seine Homepage vervielfältigt und verbreitet hat (§ 510 Abs 3 ZPO).
Das Vervielfältigungsrecht (§ 15 UrhG) und das Verbreitungsrecht (§ 16 UrhG) sind dem Urheber vorbehaltene Verwertungsrechte. Sie stellen sicher, dass der Urheber den mit einer Vervielfältigung oder Verbreitung des Werks verbundenen wirtschaftlichen Nutzen zieht. Eine Vervielfältigung und Verbreitung von Zeitungsartikeln und den sie illustrierenden Lichtbildern dadurch, dass sie in das Internet gestellt werden, ist regelmäßig nicht entgeltlich, wie die Online-Ausgaben zahlreicher Zeitungen und Zeitschriften, darunter auch die der Neuen Kronen Zeitung, zeigen. Es ist auch nicht anzunehmen, dass ein Internetnutzer vom Kauf der Papierausgabe der Neuen Kronen Zeitung absehen konnte, weil er auf der Homepage des Beklagten Zugang zu einigen Artikeln hat, die er ohnehin auch in der Internetausgabe der Neuen Kronen Zeitung lesen kann. Die durch das Verbreitungs- und Vervielfältigungsrecht geschützten wirtschaftlichen Interessen des Urhebers können demnach durch die Aufnahme der 16 Artikel und der dazugehörigen Lichtbilder in die Homepage des Beklagten nicht berührt sein. Es ist daher zu prüfen, welch anderen Zwecken die Rechtsverfolgung durch die Klägerin dienen kann und ob das Urheberrecht auch dem Schutz dieser Zwecke dient.
Die Berufung der Klägerin auf ihr Werknutzungsrecht bewirkt, dass eine Auseinandersetzung mit der Behauptung des Beklagten verhindert wird, er sei Zielobjekt einer Medienkampagne der Klägerin gewesen. Diese Behauptung lässt sich nur durch eine Wiedergabe der Artikel belegen; weder ihre Zusammenfassung noch ihre Kommentierung kann zum Ausdruck bringen, wogegen sich die Kritik des Beklagten richtet. Entgegen der Behauptung der Klägerin war es daher für den Beklagten notwendig, die Artikel ohne jede Änderung in seine Homepage aufzunehmen und sie damit selbst sprechen zu lassen, um seine Meinung über die Vorgangsweise der Klägerin auszudrücken.
Dass dies der Zweck der Aufnahme der Artikel in die Homepage war, ist offenkundig. Dieser Annahme steht die Feststellung des Erstgerichts nicht entgegen, auf der Internetseite des Beklagten stehe dessen Werbung für die von ihm verfassten Publikationen im Vordergrund. Das Erstgericht begründet seine Feststellung damit, dass jegliche inhaltliche Auseinandersetzung mit den Artikeln fehle und der aufgrund der Lektüre der Artikel interessierte Internetnutzer einzig auf die Publikationen des Beklagten verwiesen werde.
Diese Feststellung des Erstgerichts ist eine Schlussfolgerung, an die der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist. Sie überzeugt nicht, weil nur die unkommentierte Wiedergabe der Artikel einen unverfälschten Eindruck vermittelt und dieser wiederum geeignet ist, zur kritischen Auseinandersetzung mit der vom Beklagten damit geäußerten und gleichzeitig belegten Auffassung einzuladen. Die Wiedergabe der - ihn scharf kritisierenden und nicht nur als Geschäftsführer eines Unternehmens, sondern auch als Wissenschaftler dubios erscheinen lassenden - Artikel ist keine Werbung im üblichen Sinn, sondern Beleg für von ihm vertretene Thesen. Dass sie insoweit auch das Interesse an den Publikationen weckt und damit für sie wirbt, lässt den Grundrechtsschutz unberührt (zur Anwendbarkeit des Art 10 EMRK auf kommerzielle Werbung s Mayer, B-VG**2, 567 mwN).
Die Wiedergabe der 16 Artikel samt den sie illustrierenden Lichtbildern kommt damit einem Zitat nahe, ohne jedoch den Tatbestand des § 46 Z 2 und des § 54 Abs 1 Z 3a UrhG zur Gänze zu erfüllen. § 46 Z 2 UrhG erlaubt die Aufnahme einzelner Sprachwerke in einem durch den Zweck gerechtfertigten Umfang in ein die Hauptsache bildendes wissenschaftliches Werk; § 54 Abs 1 Z 3a UrhG enthält dieselbe Regelung für Werke der bildenden Künste und auch für Lichtbilder (§ 74 Abs 7 UrhG).
Das fehlende Tatbestandserfordernis der Aufnahme in ein wissenschaftliches Werk wird im vorliegenden Fall dadurch ersetzt, dass das vom Beklagten mit der Aufnahme der Artikel in seine Homepage ausgeübte Recht der freien Meinungsäußerung weit stärker wiegt als die Interessen der Klägerin. Die Klägerin wird durch die Aufnahme der Artikel in ihren wirtschaftlichen Interessen als Werknutzungsberechtigte nicht berührt. Ihre Berufung auf das urheber- und leistungsschutzrechtliche Ausschließungsrecht kann nur den Zweck verfolgen, eine Auseinandersetzung mit der durch die Artikelserie dokumentierten Medienkampagne zu verhindern. Dass dieser Zweck eine Einschränkung der Meinungsfreiheit durch das Urheber- und Leistungsschutzrecht in einer demokratischen Gesellschaft nicht rechtfertigen kann, bedarf keiner weiteren Begründung.
Die Klägerin kann sich dem Beklagten gegenüber unabhängig davon nicht auf ihre Rechte als Werknutzungsberechtigte berufen, ob dem Beklagten andere Gegendarstellungsmöglichkeiten offenstehen. Nur die Wiedergabe sämtlicher Artikel ist geeignet, die Vorgangsweise der Klägerin gleichzeitig aufzuzeigen und zu belegen und damit zum Gegenstand der Diskussion zu machen. Ebensowenig kommt es darauf an, ob die in den Artikeln erhobenen Vorwürfe wahr sind, weil die - unkommentierte - Veröffentlichung der Artikel auf der Homepage des Beklagten über den Wahrheitsgehalt der Berichte nichts aussagt und nur aufzeigen kann, wie die Klägerin berichtet.
Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind daher bereits aufgrund des festgestellten Sachverhalts nicht berechtigt. Der vom Berufungsgericht aufgetragenen Verfahrensergänzung bedarf es nicht. Der von der Klägerin behauptete Verfahrensmangel ist damit gegenstandslos.
Dem Rekurs war Folge zu geben und in der Sache selbst zu entscheiden. Das Verbot der reformatio in peius gilt im Rekursverfahren nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO nicht (Kodek in Rechberger, ZPO**2 § 519 Rz 5 mwN). Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
VII Kommentare
Kommentare der Lehre
Im Wikipediaeintrag zum österreichischen Urheberrecht ist im Kapitel 1.2.4 Beschränkungen der Verwertungsrechte (§§ 41 - 59c) zur jüngeren Rechtsprechung angeführt, dass (Zitat)
seit dem 12. Juni 2001 (Datum der Entscheidung 4 Ob 127/01g – Medienprofessor) der Oberste Gerichtshof vom Bestehen freier Werknutzungsrechte ausgeht, die nicht im Urheberrechtsgesetz festgeschrieben sind. Voraussetzung ist, dass das Grundrecht der Unverletzbarkeit des Eigentums mit einem anderen Grundrecht kollidiert und deswegen eine Interessensabwägung erforderlich ist. Konkret geht es in den bisher gefällten Entscheidungen um die Kollision mit dem Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit. In der Lehre gibt es gegen diesen vom OGH als jüngere Rechtsprechung bezeichnete Judikatur kritische Stimmen, weil der Gesetzgeber und nicht die Gerichte zu einer solchen Abwägung berufen ist. Diese hätten nur die Möglichkeit, die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof überprüfen zu lassen.
Die nachfolgenden Beiträge der Lehre bestätigen dies:
Bammer zeigt in Die Grundrechte in der Rechtsprechung der Zivilgerichte (in: ÖJK [Hrsg], Aktuelle Fragen des Grundrechtsschutzes, Band 26 [2005], 63 ff), dass (Zitat)
die österreichischen Zivilgerichte — soweit überblickbar — diesen Weg (der Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof) bei der Lösung typischer zivilgerichtlicher Streitigkeiten bislang allerdings nicht gegangen sind. Sie bevorzugen es, dogmatisch schwer einzuordnende, stark einzelfallbezogene Abwägungen durchzuführen. Da es in Österreich — anders als in Deutschland — keine Möglichkeit gibt, die Richtigkeit der Verfassungs- und Grundrechtsinterpretation der Zivilgerichte durch den Verfassungs-gerichtshof überprüfen zu lassen, müssen sich die Rechtssuchenden derzeit damit abfinden, dass weite Bereiche des Grundrechtschutzes nicht vom darauf spezialisierten Verfassungsgerichtshof, sondern von den jeweiligen, auf andere Fragen spezialisierten Senaten des Obersten Gerichtshofs als höchste Instanz wahrgenommen werden.
Er schließt sein Referat damit, dass (Zitat)
im Ergebnis die vom Obersten Gerichtshof vorgenommene zivilrechtliche Interessenabwägung aus öffentlich-rechtlicher Sicht inhaltlich nichts anderes darstellt als die vom Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung geforderte verfassungskonforme Interpretation, wonach im Zweifel nicht mit der Aufhebung einer einfachgesetzlichen Rechtsnorm wegen Verfassungswidrigkeit vorzugehen ist, sondern nach Möglichkeit danach zu trachten ist, einer einfachgesetzlichen Norm einen verfassungskonformen Inhalt zu unterstellen. Dieses Ziel kann nach der Rechtsprechung etwa auch durch gewagte Analogien oder durch gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehene Rechtfertigungsgründe erreicht werden.
Rigamonti analysiertin Urheberrecht und Grundrechte, ZBJV (Zeitschrift des Bernischen Juristenvereines) 6/2017, S 365ff (Zitat)
ausgewählte Leitentscheide europäischer Gerichte (dazu gehörig ua die Fälle Germania 3, Sampling und Photos Glamour auf dieser Website), in denen das Verhältnis von Urheberrecht und Grundrechten insofern eine besondere Rolle spielte, als gestützt auf die Grundrechte in das einfachgesetzliche Urheberrecht eingegriffen wurde und sieht im Fall Medienprofessor, dass dieser Entscheid im Ergebnis eine neue urheberrechtliche Schranke schafft, die im anwendbaren Urheberrechtsgesetz keine Grundlage hat und die sich daher unmittelbar auf die Grundrechte stützt. Durch die Anerkennung einer „direkten Horizontalwirkung“ wird die Meinungsäusserungsfreiheit hier zur „externen“ Schranke des Urheberrechts. Dass man dasselbe Ergebnis auch ohne Umweg über die Grundrechte auf der Grundlage des allgemeinen Rechtsmissbrauchsverbots hätte erreichen können, spielt keine Rolle. Vielmehr kommt es darauf an, dass aufgrund einer der Gesetzesauslegung nachgelagerten Interessenabwägung ein urheberrechtlicher Anspruch abgelehnt wurde, der nach Meinung des urteilenden Gerichts an sich urhebergesetzlich ausgewiesen gewesen wäre, und zwar wiederum mit der Begründung, dies ergebe sich aus den Grundrechten.
Favorartis Kommentar
Es mag dahingestellt bleiben, ob es sich bei den Inhalten der Artikelserie oder beim Gedicht um Kunstwerke handelt. Für den Gegenstandsfall genügte, dass es sich um Sprachwerke im Sinn des Urheberrechtsgesetzes handelt. Diese Sprachwerke werden hier als Meinungsäußerungen und nicht als Kunstwerke verstanden. Wenn im Gegenstandsfall dem Grundrecht der Meinungs- und Informationsfreiheit der Vorrang vor dem Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers eingeräumt wurde, so erfolgte dies mit ausführlicher Begründung und angesichts der massiven Medienkampagne gegen den Beklagten zu Recht. ⇒ Favor artis lässt sich zwar nicht beurteilen, aber ein Favor defensionis (sui generis) sehr wohl !
VIII Hinweise zu dieser Webseite
- Der Text der Entscheidung ist dem RIS (Open Government Data) entnommen.
- Personenbezogene Daten, die über die Veröffentlichung im RIS hinausgehen, sind auf der Webseite isofern enthalten, als sie sich aus dem Memento der Webseite medienprofessor.at vom 14.02.2005 ergeben (siehe oben unter I).
- Die angeführten Zitate aus Wikipedia (zum österreichischen Urheberrecht) und aus den Aufsätzen von Bammer und Rigamonti (mit Quellenangabe) erfolgen im angeführten Umfang zur Erläuterung des Inhaltes der Webseite.