Billy Budd (Sailor)

(Vortoppmann) Billy Budd

Novelle von Herman Melville, 1924

I Autor und Werk

Billy Budd  ist das letzte Prosawerk des amerikanischen Schriftstellers Herman Melville (1819–1891). Verfasst zwischen 1886 und 1891, blieb die Seenovelle, die im Hinblick auf das literarische Genre formal zwischen Erzählung und Roman steht, lange Zeit verschollen und wurde erst 1924 wiederentdeckt und veröffentlicht.

Herman Melville, geboren als Herman Melvill, (* 1. August 1819 in New York City, New York; † 28. September 1891 ebenda) war ein amerikanischer Schriftsteller, Dichter und Essayist. Sein Seeroman Moby-Dick zählt zu den bedeutendsten Werken der Weltliteratur.

Zum Roman siehe Wikipedia (deutsch) und  Wikipedia (englisch). Zur Biografie von Herman Melville siehe  Wikipedia (deutsch).

II Handlung

übernommen aus Wikipedia

Die Handlung spielt auf dem englischen Kriegsschiff Indomitable 1797, also zu Beginn der Napoleonischen Kriege. Der einundzwanzigjährige Matrose Billy Budd ist  von dem Handelsschiff Rights-of-Man (benannt nach Thomas Paines Streitschrift, dt. „Die Rechte des Menschen“), wo er als „schöner Matrose“ von der Besatzung verehrt wurde, in den Dienst auf dem Kriegsschiff Bellipotent zwangsrekrutiert worden und ist dort Vortoppsgast.

Auch hier schlägt ihm sofort Achtung und viel Sympathie entgegen, nicht zuletzt wegen seines athletischen Körperbaus und seiner kindlich anmutenden Schönheit, obwohl er einen Sprachfehler hat und ein Findling und Analphabet ist. Er erregt vor allem die Aufmerksamkeit des Bootsmanns John Claggart.

Claggart gibt sich Billy Budd gegenüber freundlich und zuvorkommend, versucht aber, ihn in eine Falle zu locken, indem er ihn durch einen Komplizen zur Teilnahme an einer vermeintlichen Meuterei der auf dem Schiff zwangsrekrutierten Matrosen anstacheln will. Als Billy nicht darauf eingeht, wendet sich Claggart direkt an den Kapitän Vere und beschuldigt Billy der Anstiftung zur Meuterei. Vere, der von der Unschuld Billys überzeugt ist, ordnet eine Gegenüberstellung der beiden in seiner Kajüte an. Als Billy die Anschuldigung aus dem Munde Claggarts hört, reagiert er völlig verstört; sein Sprachfehler hindert ihn daran zu antworten, aber mit seiner rechten Faust schlägt er Claggart nieder, und der herbeigeholte Schiffsarzt stellt den Tod Claggarts fest.

Kapitän Vere sieht in dem Tod Claggarts ein Strafgericht Gottes, aber da Billy Budd sich gegen einen Vorgesetzten erhoben hat, muss er ihn des Gesetzes wegen vor ein Militärgericht stellen. Er warnt dabei die Mitglieder des Gerichts eindringlich davor, sich bei ihrer Entscheidung von natürlichen Gefühlen leiten zu lassen, und so wird Billy Budd zum Tode verurteilt. Claggart  wird mit allen Ehren bestattet, das Urteil über Billy wird im Morgengrauen durch den Strang im Beisein der gesamten Besatzung vollzogen. Vor seinem Tode ruft Billy: „Gott segne Kapitän Vere“, und die Matrosen stimmen in den Ruf ein, obgleich in der Folge ein Murren gegen den Kapitän herrscht.

Kapitän Vere wird kurze Zeit später bei einem Geplänkel mit dem französischen Kriegsschiff Athée (Atheist) tödlich verletzt, im Sterben spricht er die Worte Billy Budd, Billy Budd. Einige Wochen später erscheint ein die Tatsachen entstellender Zeitungsbericht. Der Roman endet mit einer kurz darauf entstandenen sentimentalen Seemannsballade Billy Budd in the Darbies (Billy Budd in Handschellen).

Billy Budd  ist – nicht nur für den modernen Leser, dem die Fachsprache der Matrosen auf einem Segelschiff fremd ist – eine eher schwierige Lektüre.

Die etwa hundert Seiten lange Novelle, die zum Roman tendiert, ist in dreißig Kapitel gegliedert, die in den meisten Fällen auch inhaltlich in sich abgeschlossen sind. Einige Kapitel enthalten historische Abschweifungen – vor allem über Nelson und Meutereien –, andere philosophische oder psychologische Reflexionen oder solche, in denen der Erzähler versucht, die Personen, ihr Aussehen, ihre Lebensgeschichte und ihre Handlungsmotive zu kommentieren. Dadurch wird die Handlung immer wieder unterbrochen, die Darstellungsweise bleibt statisch, und ein kontinuierlicher Erzählfluss wird dem Leser nicht gegönnt, er muss sich in jedes Kapitel neu einarbeiten.

Siehe auch Wikipedia (englisch).

III Printausgaben

Nach Melvilles Tod versuchte seine Witwe Elizabeth Knapp Shaw (1822–1906) das Manuskript für eine Veröffentlichung vorzubereiten, konnte allerdings die Intentionen ihres Ehemannes an Schlüsselstellen nicht erkennen. Auch die Frage, wie das Buch heißen sollte, war ungeklärt. Das Manuskript geriet in Vergessenheit, bis Melvilles erster Biograf Raymond M. Weaver (1888–1948) es im Jahr 1919 in dessen Hinterlassenschaften fand. Weaver veröffentlichte seine Bearbeitung des Manuskriptes im Jahr 1924, woraufhin das Werk von vielen Kritikern als Meisterwerk aufgenommen wurde. Allerdings schlichen sich in Weavers Bearbeitung nach dem heutigen Forschungsstand durch Fehlinterpretationen und falsche Lesarten der komplizierten Handschrift Melvilles einige Fehler ein. Im Jahr 1962 veröffentlichten die Melville-Forscher Harrison Hayford und Merton Sealts Jr. eine neue Transkription, die im Vergleich zu Weavers Bearbeitung sorgfältiger und korrekter ist.Eine auf Grundlage von Hayford  und Sealts nochmals verbesserte Textausgabe wurde 2017 von G. Thomas Tanselle bei der Northwestern University Press veröffentlicht.

Es liegen mehrere Übersetzungen ins Deutsche vor:

  • Billy Budd. Deutsch von Peter Gan (d. i. Richard Möring). Goverts, Hamburg 1938. Neuausgaben u. a: Reclam, Stuttgart 1963, ISBN 978-3-15-007707-8 und Edition Maritim, Hamburg 2002, ISBN 3-89225-464-8.
  • Vortoppmann Billy Budd. Deutsch von Ilse Hecht. In: Herman Melville: Vortoppmann Billy Budd und andere Erzählungen. Dieterich, Leipzig 1956.
  • Vortoppmann Billy Budd. Deutsch von Richard Mummendey. In: Herman Melville: Redburn, Israel Potter und sämtliche Erzählungen. Winkler, München 1967.
  • Billy Budd, Matrose. Deutsch von Michael Walter und Daniel Göske. In: Herman Melville: Billy Budd – Die Großen Erzählungen. Hanser, München 2009, ISBN 978-3-446-23290-7.

IV Online-Ausgaben

Im Projekt Gutenberg DE (der weltweit größten deutschsprachige Volltext-Literatursammlung) wird die Novelle Billy Budd  kostenlos angeboten.

Im Project Gutenberg Australia wird die englische Fassung Billy Budd, Sailor  kostenlos angeboten.

V Verfilmung

Die Verdammten der Meere (Originaltitel: Billy Budd) ist ein britischer Abenteuerfilm, nach Herman Melvilles Kurzroman Billy Budd Fortopman von Peter Ustinov 1961 inszeniert. Die Uraufführung in Deutschland fand am 16. November 1962 statt, siehe Wikipedia deutsch.

Im  Lexikon des internationalen Films Filmdienst.de wird rezensiert wie folgt (Zitat):

Verfilmung von Melvilles symbolischem Kurzroman: Der junge Matrose Billy Budd erschlägt 1797 auf einem englischen Kriegsschiff im Affekt einen schurkischen Offizier und wird dafür nach dem Kriegsgesetz hingerichtet, obwohl jedermann für ihn spricht. Ohne den Rang der Vorlage zu erreichen, entwickelt sich doch ein überdurchschnittlicher Abenteuerfilm von hoher darstellerischer und inszenatorischer Intensität, der den Blick über das historische Abenteuer hinaus auf die Problematik von Recht und Gerechtigkeit, Schuld und Unschuld lenkt. - Sehenswert ab 14.

VI Recht und Literatur

Im englischsprachigen Wikipedia findet sich unter analysis and interpretation folgender Hinweis:

Melville's dramatic presentation of the contradiction between the requirements of the law and the needs of humanity made the novella an "iconic text" in the field of law and literature. ...

Melville's dramatische Darstellung des Widerspruches zwischen den Anforderungen des Gesetzes und der Menschlichkeit in der Novelle machten diese zu einem "Kulttext" auf dem Gebiet von Recht und Literatur. ...

Hinter dem Begriff Recht und Literatur steht eine Forschungsrichtung, die interdisziplinär zwischen Rechtswissenschaft und Literaturwissenschaft angesiedelt ist und sich mit dem Verhältnis von Recht und Literatur befasst. Sie ist als „Law & Literature Movement“ im anglo-amerikanischen Kulturkreis stark vertreten. In neuerer Zeit findet sie jedoch auch zunehmend Anerkennung in Deutschland. So ist im Jahr 2019 der „Sonderforschungsbereich 1385 Recht und Literatur“ von der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster eingerichtet worden.

Siehe  zu law and literature in  Wikipedia (englisch) bzw zu Recht und Literatur in  Wikipedia (deutsch) und die Webseite Recht in der Kunst - Angloamerika.

VII Hinweise zu dieser Webseite

  1. Die Zitate aus der freien Enzyklopädie Wikipedia (zur Novelle, zum Autor, zum Film, zu Law and Literature  und zu Recht und Literatur) und aus der Webseite Filmdienst.de  (mit den jeweils aus der Verlinkung ersichtlichen Quellenangaben) erfolgen im angeführten Umfang zur Erläuterung des Inhaltes der Webseite.
  2. Es besteht die Möglichkeit, eine Textausgabe des Werks auf Gutenberg.de in deutsch und auf Gutenberg Australia in englisch zu lesen.
  3. Personenbezogene Daten ergeben sich aus der Beschreibung der Novelle und aus der Zeitgeschichte.

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